Telarc/In-Akustik 80546
(134 Min., 10/1999) 2 CDs
Wenn Opern mit Stürmen beginnen, dann darf man sich auf einiges Aufwühlende gefasst machen. Das gilt für Verdis "Otello" und für Wagners "Fliegenden Holländer" ebenso wie für Glucks "Iphigenie auf Tauris", die allgemein für seine reifste Reformoper gehalten wird. Tatsächlich handelt nicht nur das Libretto von Muttermord, Reue, (verhindertem) Menschenopfer, göttlicher Rettung und überhaupt von allerlei familiären Scheußlichkeiten im Hause der Tataliden, sondern auch die Musik hat das Drama derart verinnerlicht, dass auch musikalisch ein Verzweiflungsschrei den anderen jagt.
"Bevor ich mit der Arbeit beginne, versuche ich zu vergessen, dass ich Musiker bin", hat Gluck einmal geschrieben - und wirklich ist dieses Stück durch und durch Theater. Wie kompromisslos Gluck dem Drama musikalische Eigengesetzlichkeiten unterordnete, macht diese erste Einspielung der Oper auf historischen Instrumenten nicht nur deutlich, sondern geradezu hautnah spürbar: Martin Pearlman reißt die Musiker des Ensembles Boston Baroque mit; diese spielen hinreißend - kantig, genau, farbig, dabei mit einer enormen Bereitschaft zu intonatorischem und artikulatorischem Risiko. Kein Bild träfe den Geist dieser Einspielung präziser als das der Eingangsszene: Im Sturm eilen die Interpreten hier durch die Partitur, und wenn am Ende Orest gerettet, wenn dem Muttermörder verziehen worden ist, dann wirkt die Harmonie nur sehr scheinbar. Wer zurückblickt, sieht die Trümmer liegen.
Auch die Sänger haben eifrig an diesem verzweifelten Szenario mitgearbeitet. Vor allem Christine Goerke in der Titelrolle durchlebt und durchbebt ihre Partie auf eine Weise, die nicht nur erfreulich unpriesterlich, sondern immer wieder ganz nah, ganz verständlich und ergreifend ist. Zwar hätte hier auch eine weniger dramatische Stimme durchaus ihren (traditionellen) Platz gefunden. Doch hätten dann wohl weder mein Freund Gluck noch ich diese Aufnahme so lobenswert gefunden.
Susanne Benda, 02.11.2000
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