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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Diverse

With Lance & Lute – Musik der Schweizer Gardisten in Frankreich

Julian Behr

Guild/Klassik Center Kassel GMCD7422
(56 Min., 7/2015)

Wer das Wort „Schweizergarde“ hört, denkt wohl als erstes an die päpstliche Leibwache mit ihren bunten gestreiften Uniformen. Doch in früheren Jahrhunderten versicherten sich auch zahlreiche weltliche Herrscher der Elitesoldaten aus dem armen Agrarstaat – so auch die französischen Könige. Zum Alltag dieser Soldaten gehörten trotz der kriegerischen Zeiten nicht nur Kämpfe, sondern bisweilen auch leise feingeistige Tätigkeiten wie das Lautenspiel. Ein auf 1642 datiertes Notenbuch eines in Frankreich stationierten Schweizergardisten, das in der Zentralbibliothek Zürich verwahrt wird, hat der Lautenist Julian Behr zum Ausgangspunkt für seinen kontemplativen Blick auf die musikalische Freizeitbeschäftigung der Schweizer Recken ausgewählt. Kombiniert ist es mit Repertoire aus zwei aus der gleichen Epoche stammenden Lautenbüchern, von denen sich zumindest hypothetische Verbindungen zu in Frankreich stationierten Schweizergardisten ziehen lassen.
Musikalische Schlachtengemälde oder wilde Saufgesänge sucht man in den Büchlein vergebens: Bei den meisten Stücken handelt es sich um Präludien und klassische Tänze wie Allemande oder Courante, zwischen denen sich hier und da etwas flottere eingängige Weisen finden. Ein Ohr für Zwischentöne braucht es, um die Unterschiede zwischen Behrs g-Moll-basiert gestimmter 12-chörigen Laute und der in den experimentellen Stimmungen des späteren 17. Jahrhunderts gehaltenen 12-chörigen Laute wahrzunehmen. Dieser Feinheit der Konzeption entspricht die Interpretation, welche die Charakterunterschiede zwischen den Stücken weniger durch offensive Schlagtechniken als durch feine Verzierungen herausarbeitet. Auch wenn die Qualität der einzelnen, oft recht kurzen Stücke durchschnittlich ist, ergibt sich so ein berührendes Porträt eines Schweizergardisten, der mitten in den Wirren des 30-jährigen Krieges Momente der Introspektion und Ruhe fand.

Carsten Niemann, 16.04.2016


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