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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Was kann man von historischen Aufnahmen der dreißiger Jahre überhaupt erwarten? Technisch sehr wenig, und noch weniger, wenn es sich um Mitschnitte handelt. Doch auch interpretatorisch zeigt sich die "Zauberflöte", die 1937 unter Arturo Toscanini über die Bühne des Salzburger Festpielhauses ging, durchwachsen. Dabei geht es so verheißungsvoll los: Toscanini, bekannt für seinen festen Zügelgriff, nimmt die Ouvertüre ziemlich schnell, fast überstürzt und lässt auch in diesem "Drive" nicht nach, wenn sich der Vorhang öffnet. Die alten Theaterhasen Mozart und Schikander beginnen das Stück mit dem Kampf mit der Schlange, also (wie man heute sagen würde) mit Action, und Toscanini greift diesen Ansatz hervorragend auf.
Helge Roswaenge als Tamino beweist seine legendären Fähigkeiten mit großer Strahlkraft, die auch in dieser alten Einspielung überzeugend zur Geltung kommt. Sehr gut auch Willi Domgraf-Faßbaender - ein bodenständiger, kerniger Papageno, weit entfernt von der debilen Witzfigur, die man heute oft vorgesetzt bekommt. Erste Mängel zeigen sich dann bei Taminos "Bildnisarie": Toscaninis Dirigat macht - eigentlich unglaublich bei einem italienischen Dirigenten - aus der gelenkigen Melodie einen steifen Marsch.
In dem Moment, in dem die Königin der Nacht mit Donnergrollen auftritt und ihre berühmte Szene "Oh zittre nicht" beginnt, ging damals wohl wirklich ein Zittern durch das Publikum. Der Koloraturteil am Ende geht daneben, Solistin und Orchester verlieren sich, und am Spitzenton gibt es einen deftigen Patzer. Auch in "Der Hölle Rache" zeigt sich Julie Osváth nicht gerade sattelfest.
Trotz überzeugender Sololeistungen des Sarastro und Monostatos macht sich dann doch nach und nach die technische Unvollkommenheit so deutlich bemerkbar, dass das Verfolgen dieser Aufnahme zur Mühe wird. Das Glockenspiel in "Ein Mädchen oder Weibchen" klingt, als würde jemand mit Münzen werfen, an vielen Stellen hört man nur Teile des Orchesters, oder die Solisten verschwinden im Rauschen - wohl wegen der Bewegung auf der Bühne. Sogar die berühmte Stelle am Schluss, als Sarastro verkündet, dass die Strahlen der Sonne die Nacht vertreiben, findet ohne den Botschafter des Lichts statt. Der helle Tag der High Fidelity war eben noch nicht angebrochen ...

Oliver Buslau, 01.09.2007


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