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N° 1353
13. - 23.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Wolfgang Amadeus Mozart, Joseph Haydn

Regina Coeli C-Dur KV276, Missa in tempore belli C-Dur Hob. XXII:9

Laurence Dutoit, Gertrude Pitzinger, Fritz Wunderlich, Franz Pacher, Salzburger Domchor, Mozarteumorchester Salzburg, Joseph Messner

Orfeo C 610 031 B
(53 Min., 8/1959) 1 CD

Bevor unsereiner das nächste Mal anhebt, angesichts aktueller Horrormeldungen aus dem Kulturleben ein Loblied auf vergangene Zeiten zu singen – fast jeder Musiker oder Musikschriftsteller tut dies ja bisweilen –, wäre es sinnvoll, einen Moment innezuhalten und sich ein Tondokument wie das vorliegende zu vergegenwärtigen: Da fand sich während der Salzburger Festspiele 1959 der junge Fritz Wunderlich, Tenor-Hoffnung einer ganzen Nation, unter den Solisten einer Aufführung des Salzburger Domchors und Leitung von Domkapellmeister Joseph Messner. Träfe heute ein Sänger vom Range Wunderlichs ein solches musikalisches Umfeld an, würde er nach der ersten Probe augenblicklich das Weite suchen. Der Domchor befand sich in einem beklagenswert schlechten Zustand: Besonders die Tenöre taten sich durch flaches, harsches Schreien hervor, die Soprane gingen ab der oberen Mittellage in ein ausgiebiges Tremolieren über, ohne immer wirklich die erforderliche Tonhöhe zu erreichen. Von klanglicher Kongruenz der vier Chorstimmen untereinander kann nicht die Rede sein, und auch mit dem Mozarteum-Orchester war man oft nicht wirklich beisammen. Diese Defizite lassen sich allein mit einem anderen Klang- oder Interpretationsideal (der historisierende Ansatz hat sich doch mittlerweile bis ins Laienchorwesen hinein ausgewirkt, wie man unumwunden zugeben muss) nicht erschöpfend erklären; hier herrschte einfach keine Stimmkultur. Auch die drei Solistenkollegen dürften Wunderlich keine große Freude gemacht haben: Der Bassist Franz Pacher richtet das „Qui tollis" durch gequältes Singen in der Höhe förmlich hin; die junge Französin Laurence Dutoit und die stimmlich schon ermüdete Gertrude Pitzinger buchstabieren die Koloraturstrecken im Kyrie ohne jegliche Eleganz. Und da es in Haydns sinfonischen Messen der Spätzeit keine arienartigen Soli mehr gibt, kommt Fritz Wunderlich, der in diesen Zusammenhängen nebenbei bemerkt auch nicht nur Gold abliefert, kaum jemals richtig zur Geltung. Von einer „Sternstunde in der Geschichte der Salzburger Festspiele" kann also, in diesem Punkt muss dem Aufdruck auf der Rückseite der CD-Hülle widersprochen werden, wirklich nicht die Rede sein; ob es sich um ein „außergewöhnliches Dokument eines außergewöhnlichen Sängers" handelt, ist eine Frage der Interpretation dieser Aussage.

01.09.2007


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