home

N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Startseite · Oper & Konzert · Pasticcio

So voll wird es diesmal nicht mehr werden: Der Klangwechsel an der John-Cage-Orgel in Halberstadt ist stets ein Medienereignis © https://archiv.aslsp.org

Pasticcio

Es war einmal ein gis!

Wo steht eigentlich geschrieben, dass beispielsweise ein Klavierabend mit Pausengetränk und etwaiger Zugaben im Schnitt zwei Stunden dauern muss. Warum nicht etwa 18 Stunden? Diese Frage sollte Ende des 19. Jahrhunderts Erik Satie aufwerfen – und zwar mit einem Klavierwerk, das auf den vielversprechenden Titel „Vexations“ hört. Übersetzt heißt er „Quälereien“. Und der besondere Clou besteht darin, dass dieses technisch höchst anspruchslose Werk nach dem Willen des Komponisten stolze 840 Mal aufgeführt werden soll – nonstop. Lange dachten Pianisten nur: Bei Satie piept´s wohl – und ignorierten das Stück. Am 9. September 1963 aber kam es im New Yorker Pocket Theatre zur überfälligen Uraufführung. Dank des amerikanischen Komponisten und Satie-Fans John Cage, der für diesen Klaviermarathon Freunde und Kollegen wie David Tudor, James Tenney sowie John Cale als sich ständig abwechselnde Tastenlöwen gewinnen konnte.
Seitdem hat es immer wieder so manche Nachfolgeaufführungen der „Vexations“ gegeben. Aber im Vergleich zu einem anderen Großprojekt sind auch diese geradezu in Rekordzeit über die Bühne gegangen. Denn aktuell findet in der Kirche Sankt Burchhardt in Halberstadt/Harz ein Orgelrecital statt, bei dem der Schlussapplaus nach allen Berechnungen erst im Jahr 2640 erklingen wird. Aufgeführt wird das Stück „Organ2/ASLSP“ – von John Cage! Und weil die Spielanweisung „As slow as possible“ (So langsam wie möglich) lautet, nimmt man sich hier wirklich seeeeeehr viel Zeit. Genauer gesagt kann es schon mal viele, viele Jahre dauern, bis ein neuer Ton angeschlagen wird. Seit dem 5. September 2001 ist das nunmehr so. Und jeder Klangwechsel kommt zumindest in der Cage-Gemeinde einer Sensation gleich. Was nun auch für den 5. Februar 2022 gelten dürfte. Dann nämlich steht um 15 Uhr der nächste, nunmehr 15. Klangwechsel ins Haus. Von den sieben Pfeifen, die seit September 2020 erklingen, verstummt dann die „gis“-Pfeife. Und den 16. Klangwechsel haben sich natürlich alle Cageianer schon jetzt rot markiert: Er ist für den 5. Februar 2024 terminiert Infos unter www.aslsp.org .

Guido Fischer



Kommentare

Kommentar posten

Für diesen Artikel gibt es noch keine Kommentare.


Das könnte Sie auch interessieren

Café Imperial

Gerechtigkeit für Nico Dostal? Naja, der Komponist der „Clivia“ erfährt zwar derzeit eine […]
zum Artikel

Da Capo

Stuttgart, Oper

So viel Aufmerksamkeit um eine Nicht-Inszenierung war selten. Die Russen haben mit ihrer […]
zum Artikel

Blind gehört

Sophie Pacini: „Frech, ungestüm und nicht flach hingelegt“

zum Artikel


CD zum Sonntag

Ihre Wochenempfehlung der RONDO-Redaktion

Externer Inhalt - Spotify

An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.

Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

Das Klavierquartett c-Moll des 19-jährigen Strauss war ein Geniestreich, der sofort als solcher erkannt wurde. Komponiert 1883/84, zwischen der ersten Sinfonie und der „Burleske“ für Klavier und Orchester, gilt es als Höhepunkt der Auseinandersetzung mit Brahms und den Formen der klassisch-romantischen Instrumentalmusik.

Aus einer viel späteren Schaffensphase, nämlich den letzten Kriegsmonaten 1945, stammen die „Metamorphosen für 23 Solostreicher“. Zu jener Zeit arbeitete […] mehr


Abo

Top