home

N° 1356
04. - 10.05.2024

nächste Aktualisierung
am 11.05.2024



Startseite · Oper & Konzert · Festival

(c) Frank Bonitatibus

Händel-Festspiele Halle

Rosen für eine Anti-Diva

Das Traditionsfestival in Händels Geburtsstadt feiert diesmal den großen Barockopernkomponisten – sowie Mezzosopranistin und „Händel-Preis“-Trägerin Anna Bonitatibus.

Als Georg Friedrich Händel 1711 sich in London dem Publikum mit seiner ersten Oper „Rinaldo“ vorstellte, war das Publikum aus dem Häuschen. Auch dank der Sangeskunst des neapolitanischen Kastraten Nicola Grimaldi, der in der Titelpartie das berühmte Lamento „Cara sposa“ nur so hingeschmachtet haben muss. Doch so glänzend Händel in seiner neuen Heimat direkt durchstartete, so musste er sich schon bald den Ruhm mit dem Kollegen Giovanni Battista Bononcini teilen. Und was die konkurrierenden Fan-Lager dachten, hat damals John Byrom in einem Epigramm festgehalten: „Manche sagen, verglichen mit Bononcini / Sei Herr Händel nur ein armer Tropf. / Andere behaupten, Bononcini sei kaum würdig, / für Händel eine Kerze zu halten. / Merkwürdig, dass ein solcher Streit entsteht / Um Dideldum und Dideldi.“
Ums „Dideldum und Dideldi“ geht es jetzt auch bei den diesjährigen Händel-Festspielen in Halle (Saale). Und natürlich kommt im prallvollen und prominent bestückten Programm der Zwist zwischen Händel und Bononcini nicht zu kurz. Tenor Marco Angioloni und das Ensemble Il Groviglio sowie Jakub Józef Orliński mit der Capella Cracoviensis stellen in ihren jeweiligen Konzerten die damaligen musikalischen Kampfhähne erneut gegenüber. Ein Vergleich lohnt sich, auch wenn für Besucher der Händel-Festspiele selbstverständlich schon lange feststeht, wer damals als Sieger hervortrat.
Im Zentrum der Festspiel-Ausgabe steht aber dann doch das Musiktheaterschaffen des großen Sohns der Stadt. „Wir möchten daran erinnern“, so Festspiel-Intendant Clemens Birnbaum, „dass der Komponist in London wiederholt Schwierigkeiten hatte und reagieren musste, damit seine italienischen Opern vom Publikum erfolgreich angenommen wurden.“ Gleich ein halbes Dutzend absoluter Meisterwerke des unerreichten Londoner Opernkönigs stehen diesmal in zum Teil Neuinszenierungen auf dem Programm. Zu den Wiederaufnahmen gehört „Orlando“ mit Countertenor Xavier Sabata – der zudem mit „Rinaldo“ sein Regie-Debüt geben wird. Unter den Neuinszenierungen findet sich Händels Pasticcio "Alessandro Severo" mit Raffaele Pe und Hana Blažíková in den Hauptpartien. Und bei der von Louisa Proske inszenierten und von Attilio Cremonesi dirigierten Eröffnungspremiere des „Serse“ übernimmt die italienische Mezzosopranistin Anna Bonitatibus die Titelpartie – bevor diese „Anti-Diva“, wie sie sich gerne bezeichnet, im Anschluss nicht allein für ihren seit Jahrzehnten makellosen Händel-Gesang mit dem „Händel-Preis“ geehrt wird.
Auf dem besten Weg, sich irgendwann ebenfalls in die Preisträger-Liste einzutragen, sind aber auch längst Anna Prohaska, Bejun Mehta, Julia Lezhneva, Raffaele Pe und Julian Prégardien, die diesmal mit facettenreichen Recitals und Konzerten gastieren. Zu den vielen weiteren Highlights gehört zudem nicht nur die traditionelle Aufführung des „Messiah“, den diesmal der Händel-Preisträger Wolfgang Katschner in der Taufkirche Händels dirigieren wird. Erneut schlagen internationale Musiker wie die japanische Ausnahmepianistin Makiko Hirabayashi sowie der Schweizer Jazz-Vibrafonist ­Thomas Dobler eine Brücke zwischen Händel, Jazz, Weltmusik und Pop.

Händel-Festspiele Halle 2023
26. Mai – 11. Juni: „Die Oper: Streit um Dideldum und Dideldi“
www.haendelhaus.de
Tickets: +49 (345) 565 27 06

Guido Fischer, 25.02.2023, RONDO Ausgabe 1 / 2023



Kommentare

Kommentar posten

Für diesen Artikel gibt es noch keine Kommentare.


Das könnte Sie auch interessieren

Gefragt

Julius Asal

Die Logik luzider Träume

zum Artikel

Hörtest

Claudio Monteverdi: Il quinto libro de madrigali

Im öffentlichen Streit, den Claudio Monteverdi und der Mönch Giovanni Maria Artusi zu Beginn des […]
zum Artikel

Gefragt

Sophie Pacini

Qualfamilie

Mit „In Between“ beleuchtet die Pianistin musikalische Seelenverwandtschaften in den Familien […]
zum Artikel


CD zum Sonntag

Ihre Wochenempfehlung der RONDO-Redaktion

Externer Inhalt - Spotify

An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.

Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

Die Études-Tableaux op. 39 von Rachmaninow sind bekannt für ihre düstere Atmosphäre und gelten als eine der modernsten Kompositionen des Komponisten. Entstanden im Jahr 1917 kurz vor seiner Flucht in die USA, sind sie eine Herausforderung für jeden Pianisten. Nikolai Obuchows Six Tableaux psychologiques von 1915 zeigen Einflüsse von Skrjabin und präsentieren eine psychologische Vielschichtigkeit. Obuchow emigrierte 1918 nach Frankreich und wurde von Ravel unterstützt. Der französische […] mehr


Abo

Top