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Palazzo Mauro de André (c) Silvia Lelli
„Ravenna. Hauptstadt des Imperiums, Schmelztiegel der Kulturen“. So hat die gefeierte Historikerin Judith Herrin ihre inzwischen auch auf Deutsch erschienene und mit hervorragenden Kritiken bedachte Chronik der Stadt der Mosaiken benannt. Grandios erzählt und reich bebildert, fasziniert in diesem aufwändigen Porträt der Hauptstadt des frühchristlichen Europas zwischen 402 und 751 n. Chr. immer wieder eines: Die Herrschaft starker Frauen – bis heute personifiziert durch die etwa um 550 n. Chr. geschaffene, in einer Kirche noch nie dagewesene Darstellung der Kaiserin Theodora als Apsis-Mosaik in der achteckigen, weltwunderschön glitzernden Kirche San Vitale – eine von acht UNESCO-Welterbestätten in der heute angenehm ruhigen, doch eleganten Stadt im Hinterland der oberen Adria.
1440 Jahre später regiert wieder eine Frau in dieser Stadt mit, zumindest einige Monate lang. Und „nur“ über die Künste – das aber mit großer Ausstrahlungskraft. Denn 1990 wurde das Ravenna Festival gegründet. Die Stadt beschloss damals Cristina Mazzavillani Muti, heute Ehren-Vorsitzende des Festivals, damit zu beauftragen, ein Kunstfest ins Leben zu rufen, das die Liebe zur Oper mit der Liebe zu Dante Alighieri, dem großen italienischen Dichter und Vater der italienischen Sprache, vereinen sollte. Natürlich war und ist auch Riccardo Muti, der Gatte Cristinas, regelmäßig dabei. Seinem Ruf folgen seither die berühmtesten Klassikkünstler auf die Bühnen der Stadt: im Theater, den Kirchen der Festung Rocca Brancaleone oder größeren Arena auch im Umland.
„Die unsichtbaren Städte“, so nannte der Schriftsteller Italo Calvino eines seiner berühmtesten Bücher. Unsichtbare Städte eher als Erfahrungen, Erinnerungen und Sehnsüchte als reale Orte. So bietet der 100. Geburtstag des Schriftstellers der unter diesem Motto stehenden 34. Ausgabe des Ravenna Festivals die Gelegenheit, über die zweifache Natur der Stadt als Symbol sowohl der Gemeinschaft als auch ihrer Krisen nachzudenken. Nach der doppelten Eröffnung am 7. und 8. Juni mit Laurie Anderson und Martha Argerich entfaltet sich die Erzählung des Festivals bis zum 23. Juli.
An erster Stelle des Sommerprogramms stehen Anne-Sophie Mutter, Leonidas Kavakos, Yefim Bronfman und Beatrice Rana. Letztere spielt zu dessen 150. Geburtstag Klaviermusik von Sergei Rachmaninow für einen Abend mit Ballettstars (das Tanzprogramm beinhaltet auch die Uraufführung von „WE, the EYES“ von Emio Greco und Pieter C. Scholten). Titel, die die dunkle Seite der Zivilisation darstellen, werden mit einer Feier des Dialogs zwischen Kulturen und Genres kontrastiert: vom Pazifismus eines Aristophanes bis zu Frank Zappas „Yellow Shark“ und Luciano Berios „Folk Songs“. Unter den Gastkünstlern: Stefano Bollani, Aurora, The Tallis Scholars, Tenebrae Choir, The King’s Singers, Sinfonia Varsovia, Eleonora Abbagnato, Sergio Bernal, Fatoumata Diawara, Mike Stern …
Und als diesmal späte Herbst-Trilogie im historischen Teatro Alighieri dirigiert Riccardo Muti – der im Sommer mit seinem Luigi Cherubini Youth Orchestra für die Reihe „The Roads of Friendship“ und bei einem Konzert mit dem Cellisten Tamás Varga am Pult steht – vom 15. bis 20. Dezember ein Triptychon bestehend aus einer Verdi-Gala und zwei Opern des italienischen Repertoires.
Weitere Infos und Tickets:
www.ravennafestival.org
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