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Er war quasi der Helmut Schmidt unter den Jahrhundertpianisten. Denn Alfred Cortot schien mit der Zigarette auf die Welt gekommen zu sein. Und wie jetzt die Foto-Galerie im Booklet zu der ihm gewidmeten CD-Box beweist, rauchte er nur dann nicht, wenn er im Klavierspiel versank. Nun gibt es bis heute nicht wenige Stimmen, die sich immer noch an Cortots oftmals lockerem Umgang mit dem Notenbild stoßen. Und auch Produzent Rémi Jacobs weist in seiner kleinen Notiz zu den Aufnahmen aus dem Zeitraum von immerhin 40 Jahren (1919–1959) darauf hin, dass Cortot gerade in den späten Jahren und da bei den Beethoven-Sonaten ziemlich oft danebengegriffen hat. Doch was soll’s – wenn selbst in einer einzelnen falschen Note oftmals mehr Poesie, Seele, Gedankentiefe und auch Wagemut mitschwingen als bei jedem noch so superperfekten Pianisten. Der große Franzose, der 1962 im Alter von 84 Jahren verstarb, gilt aber selbstverständlich wegen seiner „richtigen“ Töne als Instanz eines hochromantischen Klavierspiels, bei dem Rubati noch was zu erzählen hatten und emotionale Ausbrüche nicht mit billigem Pathos zu verwechseln waren. Genau das macht denn auch all die nur vom Aufnahmedatum her historischen Einspielungen aus, die Cortot als Bach-, Chopin-, Schumann- und natürlich Beethoven-Interpreten zeigen. Die letzten drei CDs sind schließlich dem Pädagogen gewidmet: 1958 und 1959 entstanden die Mitschnitte von Cortots Meisterklassen in der Pariser École normale de musique.
Guido Fischer, 10.06.2023, RONDO Ausgabe 3 / 2023
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