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Klänge unterm Mikroskop: Die Komponistin Kaija Saariaho ist tot © Maarit Kytöharju
Um den Klang bis in seine geheimnisvollsten Verästelungen hinein kennenzulernen, legte ihn Kaija Saariaho, wie sie es einmal beschrieben hat, einfach „unters Mikroskop“. Und je länger sie dann hineinschaute, desto mehr zarteste Schattierungen und Übergänge konnte sie ausmachen. Mit der Akribie einer naturwissenschaftlichen Forscherin näherte sich die finnische Komponistin so der Musik. Und natürlich notierte sie dann die Resultate ihre Klanglabor-Recherche feinsäuberlich und mikrofaserfein durchstrukturiert auf dem Notenpapier. Doch in diesen Momenten der schöpferischen Umwandlung betrat Saariaho mit ihrer Musik neues Terrain. Die Anmutung des Rationalen, Intellektuellen und hochgradig Komplexen verschwand sofort in ihren Werken und machte vielmehr Platz für eine ungemein sinnliche Musiksprache, die sich aus schier unendlich vielen Abstufungen in Farbe, Dynamik, Artikulation und Rhythmus zusammensetzte. Hauchzarten Klangschattierungen begegnet man in ihren Kompositionen genauso wie ultrafein glimmenden Soundpartikeln und geheimnisvoll anmutenden Signalen. Wobei man nicht selten den Eindruck bekam, dass Saariaho sich insgeheim als moderne Schwester im Geiste eines Debussy verstand.
Überhaupt besaß Saariaho zur französischen Musik schon immer eine enge Beziehung. Und spätestens mit ihrem Umzug 1982 nach Paris legte sie als Komponistin den endgültigen Grundstein für ihre Karriere. Hatte die aus Helsinki stammende Musikerin zunächst mit ihren Freunden Magnus Lindberg und Esa-Pekka Salonen der Neuen Musik-Szene in ihrer Heimat nachhaltige Impulse verliehen, studierte sie nun in Paris nicht nur am IRCAM Computermusik. Zugleich kam sie in Berührung mit der Spektralmusik von Gérard Grisey und Tristan Murail. Und genau diese Begegnungen und Forschungsaufenthalte waren prägend für Saariahos Weg und ihren sich rasch einstellenden Ruhm. So schrieb sie Opern für die Salzburger Festspiele und die Pariser Oper. Die New Yorker Philharmoniker und Stargeiger Gidon Kremer bestellten Instrumentalwerke bei ihr. Und im Laufe der letzten vier Jahrzehnte wurde sie mit vielen Auszeichnungen gewürdigt; darunter mit dem „Kranichsteiner-Musikpreis“ sowie dem „Goldenen Löwen“ der Musikbiennale in Venedig.
Jetzt ist diese Ausnahmestimme der Neuen Musik verstummt. Nach schwerer Krankheit ist Kaija Saariaho im Alter von 70 Jahren in Paris verstorben. Und ihr allerletztes, vollendetes Werk trägt den Titel „Hush“ – Schweigen. Uraufgeführt wird das gleichnamige Trompetenkonzert am 24. August 2023 in Helsinki unter Susanna Mälkki und mit dem Trompeter Verneri Pohjola.
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