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N° 1355
27.04. - 07.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Startseite · Oper & Konzert · Café Imperial

Wiederauferstehung einer Altproduktion, dafür mit risikofreudiger Besetzung, an der Volksoper Wien:
Richard Strauss’ „Salomé“ (hier: Kessler, Pfitzner, Ablinger-Sperrhacke) (c) Barbara Palffy/Volksoper Wien

Café Imperial

Unser Stammgast im Wiener Musiker-Wohnzimmer

Kurios. Ausgerechnet in Wien, wo an der Staatsoper mit dem Unsinn begonnen wurde, seltsam ausgewählte Altproduktionen zu exhumieren, glaubt nun auch noch die Wiener Volksoper mit einem Neuaufguss sich profilieren zu können. Zwar war nämlich die salonhafte „Salome“ 1992 vom grandiosen Schauspiel-Regisseur Luc Bondy ein bekenntnishafter Anfang für den damals frischgebackenen Gérard Mortier in Salzburg. Als Wurf gilt sie hingegen nicht. Dafür kann Omer Meir Wellber hier endlich gefahrlos aus dem Vollen schöpfen, mit Astrid Kessler steht eine durchgängig risikofreudige, gute Salome zur Verfügung. Das Publikum gibt erwartungsgemäß Ruhe, wenn die Witwe Bondys am Ende den 80-jährigen Bühnenbildner Erich Wonder über die Bühne führt. Reicht das?

Im Café Imperial, jenem Ringstraßen-Kaffeehaus, wo man am nobelsten in Gesellschaft allein sein kann, denken wir heute über Masken nach. Wir alle tragen welche. Einige Schauspieler, etwa Werner Krauß und Alec Guinness, steigerten ihre Darstellungsfähigkeit sogar, wenn sie unter einer schweren Maske kaum mehr erkennbar waren. Sie scheuten keinen Aufwand. Burg-Doyenne Elisabeth Orth bekannte einst, sie habe, um die Stirnglatze ihrer Perücke als Elisabeth I. (in Schillers „Maria Stuart“) wieder runterzukriegen, „eine dreiviertel Stunde“ gebraucht („1 Achtel Weißen vorausgesetzt“). Sopranistin Edita Gruberová, deren berühmte ‚Doppelperücke‘ in „Roberto Devereux“ (wiederum als Elisabeth I.) in Wien erfunden wurde, war nie besser, als wenn sie sich die Locken vom Kopf riss, um darunter eine wirr und tragisch beflaumte Kunstglatze zum Vorschein kommen zu lassen. Hoch lebe die Maske! Unser Leben wäre ärmer ohne sie.

Mit György Ligetis Hauptwerk „Le grand macabre“ steht an der Wiener Staatsoper ein für das Haus interessantes Werk an, von Jan Lauwers choreografiert sowie inszeniert und in Gestalt von Georg Nigl sehr gut besetzt (ab 5.11.): Die interessanteste Stückwahl von Bogdan Roščić seit seinem Antritt als Intendant. Auch die Volksoper hat mit Offenbachs seltener „Reise zum Mond“ ein hübsches Stück gefunden – und in Laurent Pelly einen hochrangigen Regisseur (ab 14.10.). Am Theater an der Wien schließlich widmet sich Stefan Herheim mit Händels „Theodora“ dem Genre der Barock-Oper, womit er gelegentlich großen Erfolg hatte (ab 19.10.). Und setzt mit Weinbergers „Schwanda, der Dudelsackpfeifer“, inszeniert von Tobias Kratzer und mit Andrè Schuen und Pavol Breslik, gleich hinterher mit einem derzeitigen Modestück; tatsächlich auch sehr schön, wenn man’s gut macht (ab 18.11.). Gut gewählt, Ihr drei.
Im Musikverein haben sich die Wiener Philharmoniker Tugan Sokhiev zu Gaste geladen (19.-22.10.). Bei den Wiener Symphonikern gastiert Santtu-Matias Rouvali (28./29.10.), der später mit seinen Göteborger Sinfonikern nochmal wiederkommt (19.11.). Beatrice Rana spielt Skrjabin, Castelnuovo-Tedesco und Liszt (22.10.), Marianne Crebassa gibt einen Liederabend (12.11.). Das Cuarteto Casals spielt Schostakowitsch und Beethoven (18.11.). – Fast noch prominenter geht es schon wieder im Wiener Konzerthaus zu. Das Cleveland Orchestra von Franz Welser-Möst spielt Mahler (18.10.), das Orchestre de Paris unter Klaus Mäkelä Saint-Saëns und Strawinski (17.11.). Rafał Blechacz kann Bach, Chopin und Szymanowski (17.10.), Víkingur Ólafsson die „Goldberg-Variationen“ (3.11., s. S. 6). Das Quatuor Ébène bietet Haydn, Bartók und Schubert (15.11.). Mit Gerald Finley singt einer der besten Baritöne schlechthin Schumann und Schubert (17.11.). Und Helge Schneider ist auch dabei, als „Der letzte Torero“ (24./25.10.). Ober, zahlen!

Kai Luehrs-Kaiser, 21.10.2023, RONDO Ausgabe 5 / 2023



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