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(c) Jaro Suffner
Hans Werner Henzes Oratorium „Das Floß der Medusa“ sorgte 1968 für einen der größten Opernskandale in Deutschland. Das lag nicht an den finalen „Hồ Chí Minh“-Rufen in der Partitur. Die Aufführung wurde nicht deswegen verhindert, weil sie zu links gewesen wäre. Sondern weil sie den APO-Demonstrierenden nicht links genug erschien. Der „Spiegel“ hatte aufgewiegelt. Sonderlich viel geht uns das alles heute nicht mehr an. Außer: Es sind Fälle bekannt, wo Besucher als bekehrte Sozialisten aus dem Werk wieder herauskamen.
Wenn die Komische Oper Berlin, die ihr Stammhaus auf Jahre verlassen hat, ausgerechnet jetzt Henzes pamphlethafte Geschichte über politischen Verrat wählt, so geschieht dies … um des Events willen. Alle Vorstellungen im Hangar 1 des Flughafens Tempelhof sind im Voraus ausverkauft. Regisseur Tobias Kratzer, wie gewohnt kein Kind von Traurigkeit, stellt das titelgebende Gemälde von Théodore Géricault als lebendes Bild nach. Inmitten einer riesigen Wasserfläche, welche zwei Groß-Tribünen voneinander trennt, schippert das Floß einher. Hier kann nach Herzenslust geplanscht, gebadet und ein Schlauchboot ebenso wie Luftmatratzen zu Wasser gelassen werden. Nach 70 Minuten läuft sogar Jesus übers Wasser. Man hat viel zu schauen. Und zu staunen auch.
Günter Papendell als Protagonist Jean-Charles bringt seinen graffitglänzenden Bariton fulminant zum Einsatz. Gloria Rehm gibt Madame La Mort. Die Akustik in der Riesenhalle ist erstaunlich gut, so dass Dirigent Titus Engel die musikalische Botschaft gut rüberbringt. Am Ende wanken die wenigen Überlebenden der Schiffskatastrophe wie Zombies über die Rollbahn von Tempelhof – durchs Schiebetor aus dem Saal heraus in Richtung Mariendorf. Wenn schon Hangar, denn schon Hangar. Das ganze Spektakel entstellt den zur Opulenz neigenden Henze gleichsam zur Kenntlichkeit. Toller Theaterzauber. Das ist Oper. Da kann uns die revolutionäre Botschaft mal gernhaben.
Kai Luehrs-Kaiser, 21.10.2023, RONDO Ausgabe 5 / 2023
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