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N° 1355
27.04. - 04.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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(c) Emilie Moysson/naïve

Rinaldo Alessandrini

Werk der Liebe

Nach 28 Jahren haben der Dirigent und sein Concerto Italiano ihre Gesamtaufnahme der Monteverdi-Madrigalbücher beglückend abgeschlossen.

Ja, ein Werk der Liebe, so kann man es durchaus nennen. Denn nach achtundzwanzig Jahren hat Rinaldo Alessandrini endlich seine wunderbare Zusammenstellung von Monteverdi-Madrigalen fertiggestellt, und das Gesamtwerk ist eine wahre Freude. Wir treffen den Cembalisten und Gründer des Concerto Italiano in Rom an, sehr entspannt und dankbar: „Wissen Sie, die Gruppe ist inzwischen sogar 40 Jahre alt und Monteverdi stand seither in unserem Fokus. Und selbst unsere erste Monteverdi-CD mit Madrigalen nach Tasso für das Label Tactus ist immer noch lieferbar und wird nachgefragt.“
Kein Wunder, denn der heute 63-jährige Alessandrini hat sich zu einer echten Madrigal-Koryphäe entwickelt. Immer war ihm der Text Ausgangspunkt, aber nicht nur für die Bedeutung des Wortes wie der musikalischen Begleitung, sondern auch zur Arbeit an der Sprache, an den Konsonanten. Bei seinen Sängern ist das immer alles im Fluss, unangestrengt, überraschungsvoll.
Seit den späten 1990er Jahren sind so in unregelmäßigen Abständen neue Monteverdi-Aufnahmen erschienen, die durch andere Projekte von Concerto Italiano unterbrochen wurden, und einmal sogar durch das vorübergehende Verschwinden seines Labels. „Doch es war immer klar, dass es weitergehen würde“, sagt Alessandrini. „Und so hatten wir mehr Zeit zu proben, zu wiederholen, uns in diese sehr spezielle Atmosphäre zu versetzen. Auch der Wechsel der Interpreten über diese lange Zeit brachte immer wieder neue Blickwinkel auf diese Musik, eine neue Chemie des Miteinanderspielens.“
Zunächst war gar nicht vorgesehen, alle neun Sammlungsbücher einzuspielen, zwischendurch gab es auch immer wieder thematisch individuelle CD-Zusammenstellungen etwa Madrigale über das Tageslicht und das nächtliche Feiern. Auch waren Alessandrini und seine Gruppe, die sich zudem mit Händel oder Bach beschäftigten, sehr stark eingespannt in die ausufernde Vivaldi-Edition des gleichen Labels „für die wir zu gewissen Zeiten fast wie am laufenden Meter neue Alben erstellt haben“, wie er lachend sagt.
Doch dann wurden endlich – „Covid hat es möglich gemacht, wir hatten 20 Tage in Padua Zeit“ – als letzte Aufnahmen das erste und neunte Buch (das erst acht Jahre nach dem Tod des Komponisten veröffentlicht wurde und mit „Zefiro torna“, eine seiner besten Vertonungen, enthält) komplettiert. Diese erscheinen zum ersten Mal in diesem vollständigen Set; doch für alle, die die Serie seit ihrem Erscheinen gesammelt haben, wird diese letzte Folge auch als Einzel-CD veröffentlicht.
Seit Alessandrini sein Projekt begonnen hat, sind mindestens drei weitere Gesamtaufnahmen dieser unerschöpflich betörenden Stücke fertiggestellt worden – in seinen Augen nicht so sehr Konkurrenz, denn Bereicherung in der unerschöpflichen Darstellung dieses vokalen Theaters, „das aus Menschlichkeit besteht, aus dem Streben nach dem Erhabenen und der freudigen Überwindung der Sorgen des Lebens durch die Liebe, die heilende Kraft des Gesangs und die energetische Begeisterung des Tanzes“.
Zwölf Stunden Musik auf elf CDs sind jetzt also einem hoheitsvoll guten Monteverdi gewidmet, Alessandrini ist freilich schon wieder weiter: „Gerade beschäftigen uns neapolitanische Madrigale aus dem Gesualdo-Umkreis. Die sind harmonisch noch viel gewagter, teilweise total verrückt. Dagegen ist Gesualdo harmlos.“

Neu erschienen:

Claudio Monteverdi

Tutti i madrigali

Concerto Italiano, Rinaldo Alessandrini

11 CDs, naïve/Indigo

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Manuel Brug, 25.11.2023, RONDO Ausgabe 6 / 2023



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