Trefflich ist der Vergleich von Myslivečeks Violinkonzerten mit Opernkompositionen der Zeit: Die Violinsolistin Leila Schayegh trifft, indem sie diesen „dramaturgischen“ Standpunkt auch als Interpretin einnimmt, den Nagel auf den Kopf. Ihr von der persönlichen Erfahrung mit dieser wunderbaren Musik geprägter Beihefttext ist eine gute Ergänzung zum größeren musikologischen Einführungsartikel, der u. a. Myslivečeks Verbindung zu Mozart, aber auch seine intensiven Beziehungen zum Musikleben südlich der Alpen kompetent beleuchtet.
Tatsächlich ist Myslivečeks Musik immer noch zu wenig bekannt. Die vorliegende CD könnte helfen, diesen Missstand zu korrigieren. Sie enthält neben drei Violinkonzerten noch eine Sinfonia und eine Ouvertüre, die das Ensemble 1704 unter der Leitung von Václav Luks mit der gewohnten feinnervigen, bisweilen atemlosen Wachheit gewissermaßen „auf Messers Schneide“ vorträgt. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt: Eine so bedingungslose ausdrucksorientierte Darbietungsweise ist anfälliger für kleinere Störungen und Unebenheiten in der Intonation und bei anderen Parametern des Zusammenspiels. Der sensible Hörer nimmt dies sowohl im Orchesterklang als auch beim Spiel der Solistin wahr, ohne sich indes davon über Gebühr stören zu lassen: Eine mehr auf Sicherheit zielende, dafür aber sterile Interpretation wäre keine Alternative.

Michael Wersin, 30.06.2018

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