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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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Franҫois Couperin, Carlo Gesualdo

Leҫons de ténèbres, Responsorien

Tenebrae

Signum Classics/Note 1 SIGCD622
(77 Min., 3 & 7/2019)

Es ist eine interessante Idee, drei überlieferte Vertonungen von Karmetten-Lesungen (Leҫons de ténèbres) aus der Feder Franҫois Couperins mit den Gründonnerstags-Antwortgesängen (Responsorien) zu diesen Lesungen in den Vertonungen von Carlo Gesualdo zu kombinieren. Historisch betrachtet hat es diese Kombination wohl kaum jemals irgendwo in der Praxis gegeben. Stilistisch liegen Welten zwischen Couperins hochartifiziellen französisch-barocken Monodien und Gesualdos überwältigenden motettischen Unikaten. Aber mit den Kompetenzen, über die man in der historisierenden Aufführungspraxis unserer Tage verfügen kann, ist es möglich, diese so verschiedenen Stücke mit teils denselben Kräften zu einem CD-Programm zu vereinen.
Namentlich sind es die Sopranistinnen Grace Davidson und Julia Doyle, die sich in Couperins drei Leҫons je einmal allein und im dritten Stück dann im Duett den Weg durch die reichverzierten Kantilenen bahnen und bei Gesualdo die beiden oberen Partien im sechsstimmigen Satz singen. Die Couperin-Monodien sind in Originallage und auf hohem Stimmton für Soprane keine übermäßig bequemen Stücke, sie liegen streckenweise recht exponiert und bewegen sich oft in der oberen Übergangslage. Grace Davidson kommt mit dieser Herausforderung etwas besser zurecht als Julia Doyle, die in der ersten Leҫon gelegentlich ein wenig zu tief intoniert. Grundsätzlich gelingt den beiden Sängerinnen aber eine sehr ausdrucksstarke Interpretation der anspruchsvollen Stücke. Die Continuogruppe, bestehend aus Gambe und Orgel, trägt maßgeblich zur Qualität bei: Steven Devine improvisiert den Orgelpart sehr fein und unaufdringlich.
Davidson und Doyle gehören gar nicht mehr zum Ensemble Tenebrae, ebenso wie der überall als „Director“ aufgeführte Nigel Short zumindest bei Couperin eigentlich gar nichts zu tun hatte. In Gesualdos Responsorien stoßen zu den beiden ehemaligen Sängerinnen dann vier aktuelle Tenebrae-Sänger, und vielleicht hat Nigel Short dem Sextett auch leitend zur Seite gestanden. Jedenfalls bringt es das Ensemble hier zu einer Homogenität, Farbenfülle und Ausdrucksstärke, die immer wieder an die Qualitäten der unübertrefflichen Einspielung derselben Stücke durch The King’s Singers erinnert. Gesualdos in jeder Hinsicht aberwitzig dichter und komplexer Vokalsatz fordert, soll er zur Wirkung gelangen, von den Interpreten eine außerordentlich detaillierte Feinarbeit. Diese Mühe hat man offensichtlich nicht gescheut, und daher geraten die neun Gesualdo-Responsorien zum mitreißenden und bewegenden Höhepunkt des Programms.

Michael Wersin, 06.06.2020


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