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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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Melchior Franck

Geistliche Gesäng und Melodeyen

Cantus Thuringia & Capella, Christoph Dittmar

dhm/Sony 19439706492
(70 Min., 6/2016)

Melchior Francks Lebensweg ist nur skizzenhaft nachvollziehbar: Seine Tätigkeit als Hofkapellmeister in Coburg, beginnend im Jahre 1602 und endend um 1633 in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges, steht im Zentrum seines Schaffens, und die Musik auf diesem Album erschien 1608, in der Blüte von Francks Coburger Wirkenszeit. Christoph Dittmar, der den Cantus Thuringia leitet, hat die „Geistlichen Gesäng und Melodeyen“ von Franck nach eigener Auskunft im Jahre 2014 für sich entdeckt und dann alles darangesetzt, eine große Anzahl von Motetten aus dieser Sammlung einzuspielen. 2016 schon wurde das Projekt verwirklicht, und erst jetzt – Zeit wurde es! – kommt die Einspielung auf den Markt.
Sänger, Streicher und Bläser wählte Dittmar als Besetzung für die Motetten, ungewöhnlicherweise verzichtete er auf Continuo-Instrumente. Immerhin bleibt er damit recht nahe am „vokal“-polyphonen Ideal der Renaissance, bei dem das Zusammenspiel der horizontalen Linien im Vordergrund steht. Es gelingt den Musikerinnen und Musikern auf diese Weise jedenfalls, die bemerkenswerte Schönheit dieser Musik und ganz besonders auch ihre ebenso effektvolle wie unaufdringliche Textnähe überzeugend herauszuarbeiten: Franck hat in seiner Sammlung nämlich zahlreiche Hohelied-Verse vertont, die mit ihrer unverblümten Erotik stets eine beliebte Inspirationsquelle für Komponisten waren. Dass diese Musik aus den frühen Tagen der barocken Epoche noch ganz vom „Wir“ des Ensemble-Ideals (und noch nicht monodisch) gedacht ist, verhindert nicht, dass die Worte und ihre Musikalisierung durch Franck interpretatorisch im Vordergrund stehen: Man versteht den Gesang ohne Textbuch in der Hand, man erlebt hautnah auch das „Sprechen“ der Musik als solcher, und man freut sich gleichzeitig über die großartige Ensemble-Kultur, mittels derer Cantus Thuringia es zu einer erstaunlichen (für solche Musik freilich unerlässlichen) Intonationsreinheit bringt. Freilich blitzt hin und wieder die Schönheit eines sängerischen Einzel-Timbres aus dem Gesamtklang hervor, aber im Wesentlichen ist diese mustergültige Interpretation eine Ensembleleistung, verwirklicht von einer Gruppe Gleichgesinnter und vor allem Gleich-Befähigter. Wir bleiben nach dem Hören dieser CD zurück mit der Überzeugung, dass es nichts Schöneres geben könnte als Melchior Francks „Geistliche Gesäng und Melodeyen“.

Michael Wersin, 13.06.2020


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