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N° 1355
27.04. - 04.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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The Lost Berlin Tapes

Ella Fitzgerald

Verve/Universal 0745013
(64 Min., 3/1962)

Es gibt Platten, bei denen fällt schon nach den ersten Takten nicht mehr ins Gewicht, dass die Tonqualität eigentlich nicht den aktuellen Anforderungen entspricht. Genau dies ist bei den „Lost Berlin Tapes“ der Fall. Wenn Ella Fitzgerald nach rund einer halben Minute „Heaven, I’m in heaven“ singt, wird in Sekundenbruchteilen unwichtig, dass Becken, der Kontrabass und Klavier nicht so brillant wie auf neuen Aufnahmen klingen. Ellas Intonation, ihr Timbre, ihr Feeling machen alles andere wett. Voll Energie und Charme hat sie mit den ersten Tönen den Kontakt zum Publikum (und auch zum Hörer an den heimischen Lautsprecherboxen) aufgebaut – und das zählt.
Berlin war ein gutes Pflaster für die Sängerin. Der Mitschnitt vom 13. Februar 1960 wurde mit zwei Grammys ausgezeichnet und ging in die Geschichte ein, weil Ella in „Mack The Knife“ einen Texthänger souverän überspielt hatte. Am 11. Februar 1961 entstand „Ella Fitzgerald Returns To Berlin“, und der nun veröffentlichte – mehr als ein Vierteljahrhundert verschollene – Mitschnitt wurde am 25. März 1962 im Berliner Sportpalast aufgezeichnet. Dass er überhaupt erscheinen konnte, liegt daran, dass inzwischen Spezialisten das Archiv des Impresarios Norman Granz durchforsteten und dabei auf diesen vom ersten bis zum letzten Ton swingenden Mitschnitt stießen.
Für dieses Konzert gilt die alte Regel: Weniger ist mehr. Wie in vielen Konzerten begleiten nur ein Pianist (Paul Smith), ein Kontrabassist (Wilfred Middlebrooks) und ein Schlagzuger (Stan Levey) die Sängerin. Aber wie! Sie unterstreichen ihren Gesang, setzen ihm knappe Kommentare entgegen, werden mit ihr laut und leise, schaffen mit ihrer Begleitung Spannungsmomente und bleiben stets Begleiter ohne Soloambitionen. Vom einleitenden „Cheek to Cheek“, bei dem sie sich im Himmel fühlt, bis zum abschließenden „Wet Baby Blues“ verwandelt sie jeden Song in ein Kleinod der Sangeskunst. Sie schafft es, auf eine düstere Ballade „Cry Me A River“ ein keckes „I Won’t Dance“ zu setzen, sich verträumt nach „Someone To Watch Over Me“ zu sehnen und voll Vergnügen von „Mr. Paganini“ etwas Swing zu verlangen.
Und dann wäre noch „Mack The Knife“. Schon 1961 erinnerte sie sich daran, wie sie im Jahr zuvor die Nummer rettete. Sie greift den 1960 improvisierten Text auf, entwickelt ihn weiter und freut sich, dass Mack „back in Berlin town“ ist. Sie hat ihr Vergnügen, das Publikum hat seines und nun auch die Hörer der Erstveröffentlichung dieses Archivschatzes. Die Stimmung ist prächtig, und die Tontechniker haben so viel an Klang und Prägnanz aus den alten Bändern geholt, dass sie neben den Berliner Mitschnitten von 1960 und 1961 bestehen können. Ella war die Größte!

Werner Stiefele, 10.10.2020


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