home

N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Erst Trommelwirbel, dann ein sich gravitätisch bewegendes Orchester – so beginnt die Oper „Armide“, mit der Jean-Baptiste Lully und sein Librettist Philippe Quinault 1668 ihre Zusammenarbeit krönten. Genau 110 Jahre später aber sollte dieser Klassiker der französischen Barockoper noch einmal mehr als neu eingerichtet werden. Allein 15 neue Tänze wurden nun eingebaut. Und auch die Ouvertüre kommt so gar nicht mehr Lully-like daher, sondern mit frischem, ganz dem 18. Jahrhundert verpflichtetem Schwung und Klangbild. 1778 gingen all diese Eingriffe auf das Konto von Louis-Joseph Francœur, seines Zeichens „maître de musique“ der Pariser Oper.
Francœur hatte Lullys Oper über die Magierin Armide bisweilen derart grundlegend bearbeitet und neu instrumentiert, dass sich die heutigen Connaisseure der französischen Barockoper erst einmal verblüfft einhören müssen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hingegen war Lullys Ruhm und damit sein Erbe schon längst verblasst, dass man sich solche Eingriffe schadlos erlauben konnte. Nun liegt diese „Armide“-Version in einer Weltersteinspielung vor, bei der wieder gute alte Lully-Bekannte den Ton angeben. Denn das französische Alte-Musik-Ensemble Le Concert Spirituel, sein Leiter Hervé Niquet sowie so manche Vokalisten wie Katherine Watson und Tassis Christoyannis hatten bereits 2016 mit einer anderen Lully-Fassung für Furore gesorgt – mit „Persée“, die 1770 von gleich drei Komponisten überarbeitet worden war. Aber auch in der „Armide“ ist der Barockgeist nicht so ganz dem Idiom der Klassik gewichen. Vielmehr hat Louis-Joseph Francœur beispielsweise über die solistisch eingesetzten Bläserstimmen auf jene Instrumentationskünste zurückgegriffen, mit denen sich Jean-Philippe Rameau unsterblich gemacht hatte. Und selbst die jetzt umkolorierten Arien spiegeln den Einfluss dieses letzten großen Vertreters dieser Opernepoche wider. Für Niquet und seine Musiker ist diese Musik natürlich längst zur zweiten Muttersprache geworden. Was nicht weniger für das großartige Vokalensemble gilt, das von der ewigen Barocksirene Véronique Gens als „Armide“ angeführt wird. Ein schmuck aufgemachtes und informatives CD-Büchlein rundet diese auch klangtechnisch vorbildliche Produktion ab.

Guido Fischer, 24.10.2020


Diese CD können Sie kaufen bei:

Als JPC- und Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen


Externer Inhalt - Spotify

An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.

Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.



Kommentare

Kommentar posten

Für diese Rezension gibt es noch keine Kommentare.


CD zum Sonntag

Ihre Wochenempfehlung der RONDO-Redaktion

Externer Inhalt - Spotify

An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.

Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

Das Klavierquartett c-Moll des 19-jährigen Strauss war ein Geniestreich, der sofort als solcher erkannt wurde. Komponiert 1883/84, zwischen der ersten Sinfonie und der „Burleske“ für Klavier und Orchester, gilt es als Höhepunkt der Auseinandersetzung mit Brahms und den Formen der klassisch-romantischen Instrumentalmusik.

Aus einer viel späteren Schaffensphase, nämlich den letzten Kriegsmonaten 1945, stammen die „Metamorphosen für 23 Solostreicher“. Zu jener Zeit arbeitete […] mehr


Abo

Top