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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Die richtige Oper zur rechten Zeit? Sollte man doch meinen. Ganz Frankreich war im Exotismusrausch. Die Impressionisten malten Japanisches, Paul Gaugin schickte farbglühende Leinwände aus der Südsee, und in der Oper lechzte man nach Léo Delibesʼ „Lakmé“ und Jules Massenets „Le roi de Lahore“. Trotzdem wurde „L’île du rêve“ des erst 24-jährigen, in Caracas geborenen Reynaldo Hahn, der via Salongerüchteküche vor allem als Liebhaber von Marcel Proust Furore machte, 1898 in Paris ein sanfter Flop. Die „polynesische Idylle“, zu der ihn während sechs langer Kompositionsjahre sein Lehrer Massenet angehalten hatte, und die nach Novellen des populären Modeschriftstellers Pierre Loti entstanden war, der sich darin teilweise selbst abbildete, sie dauert trotz dreier Akte kaum eine Stunde. Ein schwüler Musiktraum, kostbar und zart, schnell vom kalten Kritikerwinde verweht. Wieder einmal ein Fall für die Stiftung Palazzetto Bru Zane, die so im Verein mit dem Münchner Rundfunkorchester erneut eine vergessene Oper mit einer hervorragenden Gesamtaufnahme wachgeküsst hat. Das schnell schwächelnde Material mit kolonialistischen „Madama Butterfly“-Anklängen erhält in den Händen von Hervé Niquet und dem Chœur du Orchestre Sprituel eine exquisite Tonbehandlung, von höchstem instrumentalem Niveau ist auch der Münchner Klangkörperbeitrag. Das tragische Geschehen um jugendliche Verheiratung auf Bora-Bora und Tahiti, auf Abreise und Verzicht angesichts der Unvereinbarkeit zweier fremder Kulturen flattert vorbei wie eine Fata Morgana. Aus dem idiomatischen Sängerensemble stechen Cyrille Dubois mit leichtem Tenor als Loti, Hélène Guilmette als seine Geliebte Mahénu und Anaïk Morel (Oréna) hervor.

Matthias Siehler, 28.11.2020


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