Was für eine erfreuliche Entdeckung. Der sträflich auf den Spielplänen unterrepräsentierte deutsche Spielopern-Krösus Albert Lortzing bekommt endlich wieder eine bedeutende Gesamtaufnahme spendiert. Die gilt zudem einem unbekannten Werk, dem selbst getexteten Dreiakter „Zum Groß-Admiral“, 1847 für Wien komponiert, freilich im weniger zensurkritischen Leipzig uraufgeführt. Mit seinem ewigen Hit „Zar und Zimmermann“ hat dieses Lortzing-Stück partiell die Kneipenszenerie gemein sowie als Hafenarbeiter verkleidete Edelleute. Nur geht es hier nicht um den Zaren aller Reußen, sondern um den englischen Kronprinzen Heinrich, der sich seine amourösen Hörner abstoßen soll. Am Ende ist seine Gattin Catharina glücklich, und ein kleiner Page, der seine Liebe gefunden hat. Die ist die verschwundene Nichte eines Hofmanns, der sich all die Verwirrungen bis zum glücklich ausufernden Viertelstundenfinale ausgedacht hat.
Anders als bei ihren oft zähen Operetteneinspielungen finden Ulf Schirmer und das Münchner Rundfunkorchester einen frischen, moussierenden, also idealen Lortzing-Ton. Alle sind mit liebenden Vokalkünsten bei der Sache, angefangen von der gustiösen Anett Fritsch, die ihre Prinzessinnen-Koloraturen auskostet. Bernhard Berchtold ist ihr hell tenorkrähender, dauerrolliger Gatte, Julia Sophie Wagner (als Hosenrolle Eduard) und Lavinia Dames (Betty) trällern jungverliebt. Für dunkelstimmig rustikale Schwere sorgen Jonathan Michie als Spielmacher Graf von Rochester und Martin Blasius als Gastwirt und Betty-Onkel. Von den pompösen Adelsarien über die Couplets des niedrigen Volkes, die kecken Duette und voluminösen Ensembles ist das höchst originell und vergnüglich!

Matthias Siehler, 20.08.2022

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