Das identische Programm gleich zweimal, auf zwei verschiedenen Instrumenten aufzunehmen, ist in der nicht unbedingt an Überraschungen mangelnden Tonträger-Geschichte wohl auch noch nicht vorgekommen. Aber gerade unter den Jungstars der Pianistik gilt der (nun auch schon 38-jährige) Isländer Víkingur Ólafsson als ein derart schillernder Sonderling, dass man ihm wohl solch ein Aufnahmeprojekt nicht abschlagen konnte. Insgesamt 22 Stücke hat er für sein Doppelalbum „From Afar“ ausgesucht. Und die Bandbreite reicht da vom Bach-Choral „Christe, du Lamm Gottes“ über Schumanns „Träumerei“ und ein Brahms-Intermezzo bis hin zu einem isländischen Volkslied sowie einem Walzer des Engländers Thomas Adès. Ein irgendwie typisches Zugabenprogramm, könnte man vermuten. Doch dazwischen tauscht immer wieder eine Kleinigkeit des ungarischen Altmeisters György Kurtág auf. Ihm hat Víkingur Ólafsson dieses Album in zweifacher Ausfertigung gewidmet. Denn während es auf der ersten CD auf modernem Flügel zu hören ist (mit oftmals großen Echokammerwirkungen), spielt Ólafsson auf der zweiten CD alles noch mal auf einem gewöhnlichen Klavier – was dem hausmusikalisch-intimen, poetisch zarten Charakter der Stücke sehr entgegenkommt. Doch so ganz trägt dieses Konzept nicht. Eine einfache Ausführung hätte es auch getan. Dafür hätte Ólafsson sich auf dem zweiten Silberling lieber ganz und gar dem eng mit der Vergangenheit und der Gegenwart verbundenen Klavierlyriker Kurtág zuwenden können.

Guido Fischer, 05.11.2022

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