Stephen Hough kennt man als neugierigen Pianisten – als Komponisten hingegen hat man ihn bisher noch nicht wahrgenommen. Dabei hat er enorm viel Talent und Fantasie! Was die Ersteinspielung seines 1. Streichquartetts unterstreicht, das er 2021 nicht allein für das Takács Quartet komponiert hat, sondern explizit für dieses ansonsten rein französische Programm mit Werken von Henri Dutilleux und Maurice Ravel. Frankophil gibt sich Houghs als „Les Six rencontres“ bezeichnetes Werk auch in seinen Satz-Titeln. Mit „Au boulevard“ oder „Au marché“ promeniert man da durch eine anonyme Stadt – die natürlich nur Paris sein kann. Und auf diesem Weg begegnet man – von Hough äußerst stimmungsvoll nachempfunden – dem Neo-Klassizisten Strawinski, dem Paris-Besucher Piazzolla sowie dem unbeschwerten Elan der legendären „Groupe des Six“. Der dabei vom Takács Quartet äußerst kultiviert angeschlagene Élan vital findet später dann auch nahtlos seine Fortsetzung in Ravels Streichquartett. Und mit Henri Dutilleux’ 1977 uraufgeführtem Streichquartett „Ainsi la nuit“ präsentiert das Takács Quartet quasi das Scharnier zwischen Hough und Ravel – wobei man diese nächtlichen Klangwelten jetzt mit filigran-sensualistischem Zugriff geradezu genüsslich feiert.

Guido Fischer, 28.01.2023

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