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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Anlässlich der Tausendjahrfeier der Stadt Tangermünde wurde 2009 in Stendal die Oper „Grete Minde“ von Søren Nils Eichberg uraufgeführt. Die thematisiert jene seltsame Antiheldin in Theodor Fontanes gleichnamiger historischer Novelle, die es wirklich gegeben hat und die, von den hartherzigen Verwandten um ihr Erbe gebracht, im Jahr 1617 den Stadtbrand von Tangermünde gelegt haben soll. Eine Anlassoper also. Einmal urinszeniert, nie mehr gehört.
Dabei gab es schon, komponiert in den 1930er Jahren, eine weitere Oper über Grete Minde, die Anfang 2022 endlich in Magdeburg uraufgeführt wurde. Eugen Engel, ihr Komponist, eigentlich ein Textilkaufmann, war Jude; 1943 wurde er in Sobibor ermordet. Zwei Enkel leben heute in San Francisco. Und hatten im Keller, neben kleineren Werken, die Partitur der großen historischen Oper. Ein Stolperstein an Engels ehemaliger Berliner Wohnung brachte über Umwege Anna Skryleva, die Generalmusikdirektorin von Magdeburg, auf die Spur. Die späte Premiere, so emphatisch wie gekonnt von Skryleva dirigiert, dazu sehr gut gesungen, sie wurde ein Triumph für diese nie gehörte, durchaus packend narrative Musik. Kleinteilig, ja zeitgeistig hektisch, dabei von spätromantischer Überwältigungskraft, mit Wirtshausszene und Kurfürsten-Einzug. Von Twenties-Zeitgeist, Dodekafonie, erotischer Hysterie und Polystilistik will Eugen Engel nichts wissen, obwohl er Tänze, Volkliedweisen, Hymnen, diverse Wagner-Zitate und largo-dunkle Lyrik verwendet. Wäre das jemals gespielt worden ohne die anrührend verschlungene Geschichte dieser Oper? Geht es hier um mehr als nur historische Gerechtigkeit? Schwer zu sagen. Aber großartig, es jetzt nachhören zu können.

Manuel Brug, 01.07.2023


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