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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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Franz Schubert

Lebensmuth

Signum Quartett

Pentatone/Naxos PTC5187042
(77 Min., 12/2022)

Mittlerweile setzt sich landläufig ein Schubert-Bild durch, das den Meister nicht mehr zum tragisch frühvollendeten „Liederfürsten“ verniedlicht. Stattdessen findet die Tatsache Anerkennung, dass Schubert sich schon in frühester Lebenszeit systematisch mit verschiedenen seinerzeit gängigen Gattungen auseinandergesetzt hat, die er sich in der Regel zunächst in klassischer Stilistik draufschaffte, um dann als junger Erwachsener jeweils den atemberaubenden Schwenk zu einer zeitgemäßen (d. h. den kulturellen, gesellschaftlichen, politischen … Strömungen seiner Zeit entsprechenden) Tonsprache zu vollziehen.
Das lässt sich wunderbar darstellen mit einer Gegenüberstellung des frühen Streichquartetts g-Moll D 18 (1810) und des großen G-Dur-Quartetts D 887 (1826): Gewaltig ist der Weg vom reizenden, noch tastenden Frühwerk des 13-Jährigen zu jenem erschütternden, die Gattung Streichquartett eigentlich sprengenden Inferno, das Schubert als Endzwanziger in zehn Tagen zu Papier gebracht hat. Das „Menuetto“ von D 18 mag schon als frühes Beispiel für die zahlreichen musikalischen „Idyllen“ stehen, die später in so vielen seiner Werke als eine Art „Hortus conclusus“ sinnbildhaft für die unerreichbare heile Welt auftauchen. Der Kopfsatz von D 887 gewährt dann schier umwerfende Einblicke in die Zerrissenheit, von der Schuberts Weltsicht offenbar geprägt war. Dass er sie als Komponist so einzigartig kreativ umsetzen und sublimieren konnte, macht seine Werke so unsterblich.
Das Signum Quartett garniert diese weite Reise vom frühen zum reifen Schubert mit einigen geschickt gefertigten Lied-Transkriptionen, sodass der „Liederfürst“ doch auch noch zur Geltung kommt – das finale „An die Musik“ indes ist im Rahmen der oben angedeuteten Tiefendimension von Schuberts Schaffen durchaus auch als eine weitreichende Aussage über die Bedeutung des Musikalischen in bedrängter, trüber Zeit zu verstehen. Diesen Kosmos zu eröffnen, versteht das Signum Quartett auf gewohnt mitreißende, technisch wie interpretatorisch untadelige Weise. Schuberts Musik mit solchem Finish, aber gleichzeitig auch mit solchem Ernst und solch tiefem Einblick in die ästhetischen Hintergründe vermittelt zu bekommen ist wahrlich ein Geschenk.

Michael Wersin, 15.07.2023


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