Die „Stormy Beauty“ hat was. Sie trippelt mit den Fingern auf die Tischplatte, sie schaut mit unnahbarem Blick um sich, sie schwankt zwischen gelangweiltem Unmut und Neugier für ihre Umgebung und verbirgt ihre innere Unruhe immer weniger, bis sie sich wieder auf das Fingerklopfen zurückzieht, als sei der Erwartungsschub unnötig gewesen. Der Kontrabassist Nils Kugelmann hat dieses fünfeinhalbminütige Stück komponiert und mit dem Pianisten Luca Zambito und dem Schlagzeuger Sebastian Wolfgruber für sein Debütalbum bei ACT-Music eingespielt.
Das Label hat mit dem Sechsundzwanzigjährigen einen guten Fang gemacht. Zum einen, weil Kugelmann bereits 2022 mit dem BMW Young Artist Award und 2023 mit dem Europäischen Burghauser Nachwuchs-Jazzpreis 2023 sowie dem Musikstipendium der Landeshauptstadt München ausgezeichnet wurde und zum anderen, weil er ein exzellenter Bandleader mit Fantasie, Können und musikalischem Feingefühl ist. Seine Themen wirken zunächst recht einfach, mausern sich aber durch die Interaktion im Trio und permanente Veränderungen in der Durchführung zu vielschichtigen Stücken.
So formen sie aus einem den Regentropfen nachempfundenen Bling-Bling einiger Töne eine verträumte „Symphony For The Rain“, während sie in „Finding Your Place“ ein hartes Motiv zum Schwingen bringen. Indem sie über einige monoton angeschlagene Töne des Kontrabasses eine dezente Klaviermelodie und zurückhaltende Percussion setzen, schaffen sie in „Late Change“ mit einfachen Mitteln Spannung. Im Gros der Titel entsteht der Eindruck, als hätten die drei das Zusammenspiel des Tingvall Trios und des Esbjörn Svensson Trios (e.s.t.) ausgewertet und daraus etwas Eigenes, auf die drei Persönlichkeiten Passendes entwickelt. Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Mit diesen Trios verglichen zu werden, ist kein Plagiatsvorwurf sondern ein Kompliment.

Werner Stiefele, 22.07.2023

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