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N° 1355
27.04. - 04.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Eine solche Zeitreise durch ein äußerst bewegtes, ideenfunkelndes, auf keinerlei gemeinsamen stilistischen Nenner zu bringendes Jahr, dafür ist die CD immer noch das beste Medium. Hier soll man nicht selbst die Hörfolge auswählen, sondern auf dem vorgegebenen Klangpfad bleiben. Denn dann sind die musikalischen Überraschungen zwischen zart und hart, graziös und seriös, weich und schroff, akademisch und irrlichternd, verspielt und verbissen, glamourös und grotesk umso stärker.
Tobias Beek also, Verfasser des Buches „Im Taumel der Zwanziger. 1923: Musik in einem Jahr der Extreme“ hat die stets auf Entdeckungsreise notenschnüffelnde Yaara Tal angeregt. Wieder mal als zupackende, dabei dezent-strahlende Solistin, doch auch der Duo-Gefährte Andreas Groethuysen darf sich einmal lächelnd-pompös in der 12-tönig extonalen Selbstsatire für Klavier zu vier Händen „Die Maschine“ von Heautontimorumenos alias Fritz Heinrich Klein produzieren. Und lustigerweise hat bereits Tals Klavierlehrer die Neunjährige auf so ausgefallenes Repertoire wie Joseph Achrons seinem Judentum verpflichtender „Traum“ oder des Tanzpädagogen Émile Jaques-Dalcrozes „3 Entrées dansantes“ aufmerksam gemacht.
Schöner hat Pluralität jedenfalls selten geklungen wie auf diesem Album zwischen den Revoluzzern Schönberg und Eisler und den dem Harmonischen huldigenden Apologeten wie Frederick Delius oder Frederic Mompou. Die kreative „Vielfalt und Verzweigtheit“ der neuen Musik wird hier sichtbar – in all ihrer divergierenden Ungleichheit. Und so bunt, aber werkgerecht ist auch der pianistische Zugriff Yaara Tals auf diese funkelnden Mosaiksteinchen von Janáček und des Neoklassizisten Alexandre Tansman, des buddhistisch infizierten Ernest Bloch und Josef Matthias Hauer als Gleichzeitige des Ungleichzeitigen. Strömung, Stil, Schöpfer – der geniale Funke des Komponierens sprühte selten heller. Und Yaara Tal befeuert ihn lustvoll.

Manuel Brug, 02.09.2023


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