An Saxofonquartetten herrscht nun wirklich kein Mangel, was für jedes neue Viererteam auch direkt zur Herausforderung wird. Schließlich muss man schon ein besonderes Profil haben, um dauerhaft gehört zu werden. Zum Repertoire des spanischen Ensembles Kebyart zählen zwar – ganz modisch – auch Arrangements von Pop-Songs. Doch das Kernrepertoire speist sich vorrangig aus Barock, Klassik und Romantik.
Ziemlich unoriginell, könnte man abwinken. Aber darin zeigt sich die ganze Stärke von Kebyart. Denn in den Arrangements, die man sich auch für das neue Album „Traum der Jugend“ auf den eigenen Leib geschrieben hat, erreichen die Vier in Sachen Ausdrucksintensität, Klangfülle und Tonschönheit ein Niveau, das aktuell schon ziemlich einmalig ist.
Im Mittelpunkt stehen jetzt Werke von Bach und den „Bachianern“ Felix Mendelssohn Bartholdy und seiner Schwester Fanny. Tiefenentspannt und zugleich mit dem absoluten Gespür und Gehör für die jeweilige Stimmenarchitektur spannt man da den Bogen von Bachs großer Orgel-Passacaglia hin zur „Fuge“ aus Mendelssohns Streichquartett op. 81. Und immer wieder verschmelzen die vier jungen Musiker zu einem vielstimmigen Organismus, ob in der Bach’schen Choralbearbeitung „Allein Gott in der Höh sei Ehr“ oder in den Klavierliedern ohne Worte der Mendelssohn-Geschwister.
Von konzentrierter Innigkeit bis zur zauberhaften Luftigkeit bewegen sich die Kebyarts da durch diese Epochen und Welten – um schließlich doch noch im Hier und Jetzt, im 21. Jahrhundert zu landen. Denn gleich zu Beginn präsentiert man die „7 Capricci“, die Jörg Widmann eigens für das Ensemble geschrieben hat. Aber auch in diesen Miniaturen steckt von Walzer-Klängen über schimmernde Choral-Verbeugungen bis gar zu Blues und Jazz genau dieses Traditionsbewusstsein, das den großen Markenkern von Kebyart ausmacht.

Guido Fischer, 04.11.2023

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