Alia Vox/hm-Bertus AVSA 9956
(76 Min., 5/2023) SACD
Respekt. Das ist es, was die Interpreten – ähnlich wie beim Beethoven-Opus 111 – bei dessen Opus 123 umtreibt. Anders als bei der letzten Klaviersonate wurde die Zählnummer der „Missa solemnis“ nicht ganz so ins Mythische gesteigert. Aber ein gewaltiger, nicht eben leicht zu besteigender Notenberg türmt sich da bei dieser gar nicht so heiligen, bisweilen hypertrophen, aber immer festlich-großformatigen Messetextvertonung schon auf. Dirigenten haben davor ebensolche Angst wie die hart geforderten Chorsoprane.
Doch klar war es, dass ein ausgewiesener Chorexperte wie der katalanische Alte-Musik-Guru Jordi Savall nach seinem akklamierten Zyklus aller Beethoven-Sinfonien als Anschluss auch noch diese so besondere Messe folgen lassen würde. Dafür hat er seine bewährten Vokal- wie Instrumentalkräfte, La Capella Nacional de Catalunya sowie Le Concert des Nations versammelt, und mit Lina Johnson, Olivia Vermeulen, Martin Platz, und Manuel Walser ein schlankes, ausgewogen-individuelles Solistenquartett.
Scheinbar bedächtig, ruhevoll, grandios, den Ausbruch nicht scheuend, beginnt Savall diesen Aufstieg – und braucht doch nur 76 Minuten. Als Messe für die Zukunft einer geistlichen Musik schreckt das in Savalls aufgerauter Lesart heute noch auf, hat aber auch seine verinnerlichten Momente. Er modelliert plastisch die Gravitas ihrer Entwicklung, extrem in den vielfach aufgeteilten, überlangen Sätzen des Gloria wie des Credo. In der liebevoll sich aufbauenden Tonsäule des fast immer transparenten Chorklangs. In der souveränen Behandlung der Solosingstimmen. Im feinsinnigen Benedictus-Violinsolo. In dem letzten, wie ein Fragezeichen in den Raum gehauchten „dona nobis pacem“ – das den Zuhörer zweifelnd zurücklässt.
Manuel Brug, 09.12.2023
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