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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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Felix Mendelssohn Bartholdy, Charles Valentin Alkan

Lieder ohne Worte

Igor Levit

Sony 19658878982
(43 Min., 12/2023)

Eine Reaktion aus dem Moment heraus. Man mag sie typisch nennen für Igor Levit, der sein Herz bisweilen auf der Zunge trägt, auf jeden Fall auch mit seinen Fingern in den Konzertsaal. Er, sehr säkularer Jude, hat früh ausgesprochen, wie sehr ihn die Vorfälle des 7. Oktobers in Israel, aber auch der schnell sich anschließende Antisemitismus – besonders in Deutschland – schockiert haben. Dann hat er geschwiegen, nun aber doch reagiert. Mit Musik, und zwar der eines anderen, in jüdischer Tradition stehenden Deutschen: Felix Mendelssohn Bartholdy.
Dessen Lieder ohne Worte hat Levit bisweilen als Zugaben gespielt, nun ging er mit einer Auswahl Anfang Dezember ins Aufnahmestudio. Ende des Monats erschienen bereits diese 43 intensiv-tröstlichen Minuten als Stream, nun kommt das Album. Vielleicht auch als Erinnerung an die großartige Gesamteinspielung durch Daniel Barenboim? Das Titelbild zeigt den besonderen, aus zwei Hälften sich überblendenden Davidstern, den Levit gegenwärtig an seinem Hals durch eine stilisierte Namensplakette ersetzt hat, wie sie für die israelischen Geiseln der Hamas angefertigt wurden. Und Musik ersetzt hier Sprache, ist wortloses Gefühl, gefasst, fein erzählerisch fokussiert, sanft, doch stark. Igor Levit gestaltet an den Tasten, wo er nichts sagen möchte – plastisch, souverän, aber auch mit einer zurückgenommenen Zögerlichkeit. Kostbar sind diese Momente des Zuhörens, der fein fließenden Melancholie. Nach vierzehn Mal Mendelssohn folgt dann noch Charles Valentin Alkans Prelude op. 31/VIII „La chanson de la folle au bord de la mer“ – Musik, die Levit in ihrer surrealen Soghaftigkeit besonders nahe ist. Der Albumerlös geht übrigens an zwei Berliner Organisationen, die Antisemitismus bekämpfen. Und Levit weiß: „Ich bin nicht mehr in Sprachlosigkeit gefangen. Ich komme ins Handeln und erlange dadurch ein Gefühl der Sinnhaftigkeit.“

Manuel Brug, 03.02.2024


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