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N° 1355
27.04. - 04.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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Anton Bruckner

Sinfonie Nr. 2 (Version 1872)

ORF Radio-Symphonieorchester Wien, Markus Poschner

Capriccio/Naxos C8093
(61 Min., 4/2023)

Seit ich den Dirigenten Herbert Blomstedt einmal dabei beobachtete, wie er, auswendig dirigierend, während einer frühen Bruckner-Sinfonie mit den verschiedenen Fassungen des Werkes durcheinanderkam – und völlig den Faden verlor –, ist mir klar geworden, wie kolossal groß die Differenzen, und wie schwierig sie zu begreifen sind. So oft man Bruckners Werke auch gehört haben mag: Wem die Unterschiede klar sind (etwa so, wie sie einem bei Wagner auffallen würden), den möchte ich sehen. Genau das macht den Zyklus der „Complete Versions Edition“ interessant, erst recht im Bruckner-Jahr. Von der 2. Sinfonie verzeichnet das Booklet zwei Fassungen. Dies hier (von 1872, Edition Carragan) ist die frühere.
Wie bei ihm üblich, schlägt Dirigent Markus Poschner einen robusten, zügigen, wenig feierlichen und zum Teil sogar holzschnittartigen Ton an. Nichts da von buttergespülten Vollfett-Bruckneriana, wie man sie anderswo gewohnt ist. Zwar ist das ORF Radio-Symphonieorchester Wien klangschöner und weicher im Vergleich mit dem alternierenden Bruckner Orchester Linz. Der Aplomb aber erscheint hier wie dort rabiat, fast aggressiv. Durststrecken werden nicht kaschiert. Damit ist dieser Zyklus in der Lage, unserem Bruckner-Bild neue Facetten hinzuzufügen. Dieses Bild ist mithilfe der großen Altmeister (von Jochum über Wand bis hin zu Giulini und Thielemann) inzwischen ziemlich in die Jahre gekommen.
Das Adagio wirkt hier fast wie eine sprödere Ausgabe von Mahlers Adagietto (aus der Fünften). Das Scherzo macht einen beinahe pampigen, jedenfalls renitenten Eindruck, während der ausladende Finalsatz (im Verhältnis zur sonst meist bevorzugten letztwilligen Fassung) kühle Frische vermittelt. Dies gilt überhaupt. Weshalb der Aufbruchscharakter Bruckners besser getroffen wird als in den meisten anderen Zyklen.

Kai Luehrs-Kaiser, 09.03.2024


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