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N° 1355
27.04. - 07.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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Helmut Lachenmann

My Melodies

Symphonieorchester des BR, Horngruppe des BRSO, Matthias Hermann

BR-Klassik/Naxos 900643
(68 Min., 6/2023)

Ist Helmut Lachenmann auf seine alten Tage (er wird im November 89 Jahre) nun nostalgisch und im Vergleich zum Biss von einst handzahm geworden? Wenn es nach dem Titel seines 2018 bzw. 2023 in neuer Fassung uraufgeführten Orchesterwerks „My Melodies“ geht, könnte man das vermuten. Aber bereits mit den allerersten Takten dieses immerhin für acht Hörner (Schumann kam bekanntlich nur auf vier) und Orchester geschriebenen Werks ist klar: Lachenmann ist auch hier seinem Ruf als unermüdlicher Unruhestifter treu gebelieben. Denn statt etwa mit einer hübschen Melodie aus der Jugend einen persönlichen Liederreigen zu eröffnen, setzt sich das Orchester nach gezackten Pizzicati mit Furor in Bewegung – um schon nach wenigen Sekunden den wilden Klang immer wieder von einem durchdringenden und monotonen Unisono der Horngruppe abbremsen zu lassen.
Klassisch melodiös ist das und auch alles, was in den nachfolgenden rund 44 Minuten folgt, so gar nicht. Was im Grunde auch bei Lachenmann gewundert hätte. Zumal er bereits von seinem alten Kompositionslehrer Luigi Nono gewarnt wurde, sich bloß nicht an so etwas Abgestandenes wie eine Melodie zu wagen. Mit „My Melodies“ hat sich Lachenmann nun auf die Suche nach dem gemacht, was eine „Melodie“ sein könnte. Und die Bandbreite ist bei diesem radikalen Klang-Erfinder entsprechend kontrastreich und spannungsvoll ausgefallen. Da schabt und schleift es durchs Orchester. Tonloses Ein- und Ausatmen zieht sich durch die Hörner. Und auf sogenannte „Zeitlupen-Melodien“ in den Streichern folgt eine Kadenz, bei der die acht Solo-Hörner des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks irrwitzig und fantastisch außer Rand und Band loslegen. Überhaupt unterstreicht der komplette Orchesterapparat unter der Leitung des Lachenmann-Schüler Matthias Hermann erneut seine absolute Klasse auch bei der zeitgenössischen Musik. Abgerundet wird die Produktion von erläuternden Klangausschnitten dieses melodiösen Trug- und Traumgebildes sowie einem Gespräch mit dem Komponisten.

Guido Fischer, 20.04.2024


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