MDG/Naxos MDG 342 1166
(63 Min., 8/2002) 1 CD
Wer das Wiener Klaviertrio, das sich neuerdings neudeutsch "Vienna Piano Trio" nennt (und gerade dadurch so schön an seine weanerische Dialektherkunft erinnert), einmal live erlebt hat, der weiß, was es heißt, von einem Konzert Energie geladen, ja elektrifiziert nach Hause zu gehen. Mit forschen, mitunter drängelnden Tempi und kontrastreichster Dynamik machen die drei Herren den Eindruck, sie seien immer auf dem Sprung. Ihr Markenzeichen, gäbe es eins, wäre das Sforzato oder Subito-piano, so abrupt gestalten sie Stimmungs- und Farbwechsel.
Bei Schubert, erst recht bei seinem zweiten Klaviertrio, können sie dabei sozusagen aus dem Vollen schöpfen. Demonstrativ herrisch und stolz gehen sie den Beginn dieses in seiner Ausdruckspalette wohl opulentesten Klaviertrios der Gattung an, bevor sie dann mit jenen explosiven Dynamik-Wechseln die Schubert'schen Charakteristika, die abrupten Moll-Verdunkelungen im scheinbar unbekümmert Auftrumpfenden, so plastisch wie sonst kaum jemand inszenieren.
Bezeichnenderweise legt man auf den Zusatz des “con moto” im berühmten c-Moll- Andante sehr viel mehr Gewicht als auf die Hauptkennzeichnung: hier setzt kein phlegmatischer Trauergesang, sondern ein unerbittlich fortschreitender Schicksalsgang ein. Und die innige Cellokantilene schwelgt nicht unkonturiert, sondern wird quasi hingehaucht mit kurzen, schmerzlosen An- und Abschwellern. Gerade in dieser betont unsentimentalen Art kommt das gleichermaßen Beklemmende wie Hinreißende dieses Schubert'schen Wundersatzes voll zur Geltung.
Nach einem leichtfüßigen Scherzo kann man ein Unikum nicht nur Schubert'scher Kammermusik bestaunen: die Urfassung des Finales, die das Wiener Klaviertrio zusätzlich zur üblichen gekürzten Fassung eingespielt hat, dauert fast zwanzig Minuten! Angesichts der beherzten Tempowahl kann man über die ausdauernde Virtuosität, ganz zu schweigen von der Brillanz und Homogenität der drei Herren, nur staunen. Aber das ist, wie gesagt, nur die technische Außenseite dieser aufwühlenden Schubert-Platte.
Christoph Braun, 01.09.2007
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