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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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Wolfgang Rihm

Streichquartette Nr. 7 - 9

Minguet Quartett

col legno/harmonia mundi 20213
(60 Min., 4/2004) 1 CD

Das provozierend romantische dritten Quartett "Im Innersten" etwa oder die elegische Innenschau von Nr. 6 besaßen eine atmende Klangsprache, die zumindest für die Gralshüter der zeitgenössischen Musik in den 70er und frühen 80er Jahren nicht unbedingt auf Gegenliebe stießen. Allzu sehr war ihnen Wolfgang Rihms Materialauslotung von einem unmittelbar wirkenden Erzählgestus geprägt, der leicht rückwärtsgewandte Züge trug. Ab dem Streichquartett Nr. 7 (1985) stellte Rihm die Proportionen zumindest so um, dass in diesem und dem darauf folgenden, vegetativ sich verzweigenden Quartettsatz nun Schluchten auf Abgründe, Oberflächenrisse auf Zerbröselungen folgten. Mit dem Streichquartett Nr. 9 (1992-93) schließlich fand Rihm wieder zu einer Balance aus sich heftig einstellenden Impulsen, rasenden Richtungsänderungen und Momenten der Konzentration, in denen erneut Möglichkeiten des Melodischen angedacht werden. Dass Rihm bei all dem spieltechnisch hohe Hürden aufbaut, verdeutlichen allein die prominenten Widmungsträger vom Arditti bis zum Emerson Quartet. Das Minguet Quartett, das jetzt die dritte Folge der Gesamteinspielung sämtlicher Rihm-Quartette vorlegt, steht den Kollegen aber selbstverständlich in nichts nach, was die musikantische Disziplin sowie die Intensivierung und Beseelung des Ausdrucks angeht.
Obwohl gerade die Quartette Nr. 7 und 8 sich in eine durchaus ähnelnde Zeichenhaftigkeit aufzulösen scheinen, reizt Rihm das Darstellungspotential mit unbändiger Phantasie aus. So verwandelt sich die Klangrede des achten Quartetts in eine aktionistische Gebrochenheit, in die die Musiker hineinrufen und mit ihren kratzenden Bögen Schriftgeräusche nachahmen. Ähnlich theatralisch geht es im siebten Quartett zu: die Musiker hämmern auf einen Holzblock und stellen stelenhaft karge Ton-Figurinen auf, die scharfkantige Haken schlagen, abrupt abstoppen und sich plötzlich in minimalistische Rhythmusschleifen verwandeln. Mit solchen instrumentalen Mini-Szenen baut Rihm eine Spannung auf, die nahezu jeden einzelnen Takt durchzuckt. Bei aller Routine des Vielschreibers Rihm - hier kann man den Meister des Unerwarteten in Höchstform erleben.

Guido Fischer, 01.09.2007


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