Carus/Note 1 83.198
(52 Min., 7/1999, 7/2001) 1 CD
Eigentlich eine Ungerechtigkeit: Das klingende Werk ist heute weit populärer als die Verse. Fast ein jeder Musikliebhaber kennt Arnold Schönbergs frühes Opus für Streichorchester “Verklärte Nacht”; das gleichnamige Gedicht von Richard Dehmel, welches der Komposition als eine Art programmatischer Ariadnefaden dient, hingegen ist nur Wenigen ein Begriff. Darin zwei Menschen beschrieben werden, die durch “kahlen, kalten Hain” wandeln, begleitet vom Mondenschein und von düsteren Gedanken. Von Hoffnungen, von Zweifeln. Die Gretchenfrage muss daher lauten: Wie verhält sich die Musik zu diesem Existenz-Dramolett? Ist sie gleichsam tönende Verkörperung eines spätromantischen Ideals? Oder liegt ihr Gewicht vielleicht doch eher auf der filigran-fragilen Psyche der Handlungsträger?
Frieder Bernius und die Streicherakademie Bozen geben in ihrer live mitgeschnittenen Aufnahme aus dem Grand Hotel Toblach eine eindeutige Antwort. Den Interpreten ist das Stück weit mehr Ausdruck der sinnlichen Schwermut, des Schmachtens und Sehnens. Wiewohl spärlich besetzt, klingt das Orchester doch arg breitwandtauglich, und es wird kein Zweifel daran gelassen, dass dem Vorbild Richard Strauss hier gehuldigt wird. Breiter Strich, weitgefasste Bögen, massierter Klang, das sind die Ingredienzien dieser Einspielung. Ein Schönberg aus dem Geist des 19. Jahrhundert, ohne Verweis auf den Schönberg "danach". Überraschender Weise wirkt dagegen die Ausdeutung der deutlich artverwandten Metamorphosen von Richard Strauss viel transparenter. Umgekehrt wäre es, zumindest aus heutiger Sicht, wohl besser gewesen.
Jürgen Otten, 01.09.2007
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