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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Giovanni Rovetta

Vespro solenne

Cantus Cölln, Konrad Junghänel

HMF/Helikon Harmonia Mundi HMC 901706
(79 Min., 6/2000) 1 CD

Vergessen wir den Sonnenkönig. Es ist zwar wahr: Als Ludwig XIV. 1638 das Licht der Welt erblickte, wurde dieses Ereignis auch im fernen Venedig begangen. Und hier war es tatsächlich Giovanni Rovetta, der zweite Kapellmeister am Markusdom, der auf Geheiß des französischen Gesandten die Musik zu den Feierlichkeiten beigesteuert hat. Doch die hochgepriesene Messe und das Te Deum, für deren Aufführung Rovetta die besten Musiker der Stadt zusammengesucht haben soll, sind gar nicht Gegenstand dieser Einspielung, die uns feierliche Musik zur Geburt des großen Ludwig verspricht.
Statt dessen wird uns ein virtueller Vespergottesdienst geboten, zusammengesetzt aus Psalmvertonungen, die zum größten Teil zusammen mit der besagten feierlichen Messe gedruckt wurden. Die eine oder andere von ihnen mag natürlich auch bei den Feierlichkeiten von 1638 erklungen sein. Aber wer sich auf aufwändige Prachtentfaltung gefreut hat, wird etwas enttäuscht. Rovettas Psalmen sind genau so feinsinnig und vornehm komponiert, wie sie von Cantus Cölln dargeboten werden.
Also nicht zurückgelehnt, sondern das Beiheft mit den Texten in die Hand genommen und sich über Feinheiten gefreut: Hübsch, die überraschend schnellen Dreierbewegungen über dem Wort "nebulam". Originell, das melodische Absacken um einen Halbton, wenn der Herrgott den Schnee schmelzen lässt. Und angenehm, die leichte Textur, in der die Sänger immer wieder solistisch und im Duett hervortreten dürfen.
Der Rest ist sehr geläufig komponiert und klingt immer etwas nach Cantus Cölln: vielleicht wäre da bisweilen mehr Wortausdeutung statt nobel-virtuoser Distanz angebracht gewesen? Wenn mich die skurrile Anwandlung befiele, Ludwig den XIV. zu feiern, würde ich jedenfalls nicht zu dieser intimen und gefälligen Musik greifen, sondern eher zur Marienvesper von Rovettas Vorgesetzten Claudio Monteverdi, die in den Stücken nämlich ab und zu durchschimmert.

Carsten Niemann, 01.09.2007


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