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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Anton Bruckner

Sinfonie Nr. 5

Orchestre des Champs-Élysées, Philippe Herreweghe

harmonia mundi HMC 902011
(73 Min., 2/2008) 1 CD

So vorsichtig tastend hat noch keiner den Pianissimo-Beginn von Bruckners gewaltigstem kontrapunktischen Kraftakt gestaltet. Auch die folgende Trinitätsbezeugung in Gestalt des dreifachen Oktavaufschwungs wird eher zurückhaltend, jedenfalls nicht (wie üblich) als bombastisches Eröffnungsfanal inszeniert. Ist hier jemand in Ehrfurcht vor so viel Genialität erstarrt? Keineswegs. Herreweghe weiß vielmehr äußerst klug zu disponieren: Er setzt nicht auf momentane Überwältigungseffekte (wie Thielemann zum Beispiel), sondern strukturiert in ganz fabelhafter Weise Bruckners monolithische Riesensätze. So wird beispielsweise erst der dritten und letzten Erscheinung jenes symbolträchtigen Dreiklangmotivs der ganze Glanz zuteil. Und wie Herreweghe den Höhepunkt dieser einzigartigen Finalsinfonie, die thematisch und gehaltlich im letzten Satz kulminiert, in Steigerungswellen zelebriert, das filigrane Stimmgewebe der spiralförmig sich steigernden Doppelfuge zur grandiosen Choralapotheose hin zusammenführt, das ist schlicht umwerfend und zeugt von einem wahrhaft tiefen Brucknerverständnis, das doch etwas überrascht bei einem Dirigenten, der gerade mal sein drittes sinfonisches Zeugnis des Niederösterreichers ablegt. Aber auch rein äußerlich begeistert die Aufnahme, entfaltet Herreweghes überaus sorgfältig einstudiertes Hausorchester einen betörend warmen, sonoren, gleichzeitig konturiert-charaktervollen Klang, der sowohl äußeren Protz wie auch Weichzeichnerei vermeidet (wie es noch in der Siebten zu kritisieren war). Ob man in beider Persönlichkeiten – hier der zurückhaltende Flame, der in der katholischen Tradition der Renaissance-Polyfonie aufgewachsen ist, dort der Linzer Sonderling, der seine phänomenale handwerkliche Meisterschaft auf so wunderbare Weise spirituell überhöht hat –, Wahlverwandtschaften sehen mag, sei dahingestellt. Die Kongenialität dieser Aufnahme jedenfalls offenbart, um es pathetisch auszudrücken, einen neuen Stern am Bruckner'schen Firmament.

Christoph Braun, 15.08.2009


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