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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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Frédéric Chopin

Live in Beijing (Solo-Klavierwerke)

Yundi

EMI 6316392
(71 Min., 5/2010) CD + DVD CDs

Der Sieg des 18-jährigen Yundi Li in Warschau war ein Versprechen. Sein Chopin-Debüt für die DG zeigte einen reifen Sinn für den schönen Klang wie für die große Form, und es kannte keinen falschen emotionalen Drücker. Weitere Alben erschienen, pianistisch ungemein souverän, aber eine Art Persönlichkeit tauchte unter der Politur nicht auf. Zehn Jahre später ist er seinen Nachnamen los, manches andere aber ist geblieben. Eine unheimliche Sicherheit im Konzert, ein Gespür für weitgespannte Architekturen. So gelingt Chopins b-Moll-Sonate vor dem riesigen Pekinger Auditorium auch recht packend, gelegentlich fast aggressiv drängend – dem Scherzo tut das ziemlich gut.
In den Miniaturen werden allerdings große Zweifel wach. Yundi spielte in Peking die gleichen drei Nocturnes wie auf seiner Debüt-CD. Doch die Live-Atmosphäre erzeugt kein freieres Spiel. Dass es vielleicht einfach der Firnis war, der uns damals blendete, ahnt man beim Vergleich des herrlichen Nocturne Fis-Dur op. 15/2. Dessen rhythmisch kompliziert gewobenes Mittelteil-Gespinst konnte in der Version von 1999 flüchtig bezaubern, aber auch damals waren die Klangregister nicht abgetönt, türmten sich die Klangsteigungen nicht organisch; Li siegte allein mit seinem opalisierenden, schönen Ton. Der ist nun fort (weder Instrument noch Aufnahmetechnik sind so glänzend wie in der makellosen Studioproduktion), und so sieht man allenfalls die Risszeichnungen des komplexen Notenbildes. Die Mazurken versucht er ganz über allzu geschärfte Rhythmik einzufangen, ist ihm doch jeder emotionale Zugang versperrt. Von der fröstelnden Zartheit, der Poesie, dem Dämmer, ja von Chopins Gefühlswelt überhaupt ahnt er nichts. Hat man zuviel erwartet, damals in Warschau? Doch etwas Tröstliches bleibt: Mit dieser kühlen, eindimensionalen Sicht wird dem chinesischen Publikum die Kunst Chopins wenigstens nicht mit falschem Sentiment überzuckert vorgeführt.

Matthias Kornemann, 26.03.2011


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