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N° 1355
27.04. - 04.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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(c) Tim Theo Deceuninck

Solomon’s Knot

Bach hoch zwei

Das Kollektiv knüpft familiäre und musikalische Bande zwischen Johann Sebastian und Johann Christoph Bach.

Alte Musik am Puls der Zeit. So ließe sich das Kollektiv Solomon’s Knot vielleicht am besten mit einem Satz beschreiben. Das ist abseits der Konzerte übrigens auch im humorigen Podcast „SKaffeehaus“ zu spüren, in dem der künstlerische Leiter Jonathan Sells und Co. Einblicke in ihren Alltag gewähren. Mal als „Nerd-Talk“ unter Kollegen, mal im Dialog mit Musikwissenschaftlerinnen und Fans. Da wird über Interpretationsansätze diskutiert, von prägenden ­Musikerlebnissen berichtet, oder von Konzertreisen erzählt, die das Kollektiv bevorzugt umweltfreundlich mit der Bahn absolviert.
Das 15-jährige Jubiläum der Truppe steht aktuell im Zeichen von Johann Sebastian Bach, mit dessen „Matthäuspassion“ man unter anderem auch beim Bachfest Leipzig und den Thüringer Bachwochen zu erleben war. „Das war unser bisher größtes Projekt, aber auch eine natürliche Grenze, weil wir grundsätzlich ohne Dirigenten auftreten.“ Eine Arbeitsweise, die eine akribische Einstudierung und gegenseitiges Zuhören fordert, laut Jonathan Sells aber gleichzeitig einen zusätzlichen Adrenalinschub gibt, der vom Publikum durchaus registriert wird. Ebenso wie das auswendige Singen. „Dadurch entsteht im Konzert eine ganz andere Intensität.“
Dieses Gefühl auf Tonträger abzubilden war sicherlich eine der größten Herausforderungen beim aktuellen Album-Projekt, für das sich das Kollektiv eine Komplett-Einspielung von Johann Sebastian Bachs Motetten vorgenommen hat. „Unsere Art des Musizierens ist sehr auf das Live-Erlebnis ausgerichtet. Und obwohl man es auf der CD nicht sieht, haben wir auch hier auswendig gesungen und versucht, jede der Motetten ohne Unterbrechung aufzunehmen.“ Wobei es natürlich half, dass die komplexen Kompositionen seit 2018 im Repertoire von Solomon’s Knot einen fixen Platz haben und quasi in Fleisch und Blut übergegangen sind.
„Viele der Werke auf diesem Album fühlen sich so frisch an wie an dem Tag, an dem sie komponiert wurden. Und das auswendige Singen erlaubt es, uns mit jeder Phrase zu bewegen, was der Aufnahme eine ganz eigene Körperlichkeit verleiht.“ Ein Gedanke, der sich ebenfalls im Cover-Motiv spiegeln sollte. „Wir hatten das Gefühl, dass all diese Elemente in diesem wunderschönen, schwerelosen, kraftvollen Bild eines Tänzers enthalten sind. Ein Moment in der Zeit, der für die Ewigkeit festgehalten wird.“
Auf dem vor kurzem erschienenen Doppelalbum sind die berühmten Motetten mit Stücken von Johann Christoph Bach verwoben. Einem Cousin Johann Sebastians aus der väterlichen Linie, dessen Chorwerke für Kontrastfarben sorgen und ein weiteres Familienmitglied mit in den Fokus rücken. All das mit bewusst schlank gehaltener instrumentaler Begleitung für die acht Solostimmen, um größtmögliche Transparenz im Klang zu erreichen. Und auch der Aufnahmeort – die „Bachkirche“ in Arnstadt – wurde nicht ohne Hintergedanken gewählt. Denn hier in der Geburtsstadt Johann Christophs hatte Johann Sebastian Bach einst seine erste Anstellung als Organist. Da kommt die Inspiration fast von selbst.

Neu erschienen:

Johann Christoph Bach, Johann Sebastian Bach

Motetten

Solomon’s Knot

Prospero/Note 1

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Tobias Hell, 02.09.2023, RONDO Ausgabe 4 / 2023



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