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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Startseite · Interview · Gefragt

(c) Jonas Holthaus/Sony Classical

Leonidas Kavakos

Der Erste unter Gleichen

Der Geiger hat Bachs Violinkonzerte eingespielt und mit Yo-Yo Ma und Emanuel Ax das dritte Album der Reihe „Beethoven For Three“ vorgelegt.

Wenn man auf seiner Webseite durch die Konzertpläne der nächsten Monate scrollt, fällt auf, dass Leonidas Kavakos offenbar nicht daran interessiert ist, die großen Brecher im fliegenden Wechsel abzuliefern. Bis zum Sommer spielt er die Violinkonzerte von Bartók und Tschaikowski. Häufiger tritt er mit „Friends“ auf oder solo und auf den Pulten liegt: Bach!
Die Telefonverbindung mit Kavakos ist schlecht, aber eigentlich ist das egal, denn er redet schnell, inspiriert und wie ein Wasserfall, man kann ihm beim Denken zuhören.
Kavakos hatte in Sachen Bach vor langer Zeit ein Erweckungserlebnis, das ihn verstummen ließ: Er hörte Sigiswald Kuijkens Einspielung von Bachs Solopartiten und -sonaten mit einem Barockbogen auf einer Geige im Stil des frühen 17. Jahrhunderts. Fast ein Jahrzehnt lang spielte Kavakos danach öffentlich keinen Bach, um einen eigenen Weg zu finden: „Ich dachte damals: Stopp, ich muss nachdenken und eine andere Technik finden, um das zu erreichen, was ich den Geist der Musik nenne. Bachs Kompositionen für Geige sind herausfordernd. Sie sind technisch sehr schwer, vor allem die Fugen und die schnellen Sätze, es darf aber nie so klingen. Der Fokus sollte auf den Emotionen der Stimmen liegen, in der Struktur und in der Polyphonie“.
Er experimentierte mit einem historischen Bogen, um „in der Lage zu sein, zu verstehen, was technisch möglich war in dieser Zeit.“ Er lernte, den Barockbogen zu beherrschen, aber die Klangqualität eines modernen Bogens sei einfach viel besser, lehrte ihn die Erfahrung. Die Lösung? „Man kann das vom Barockbogen Erlernte anwenden auf einen modernen Bogen, dieselbe Aussprache und Artikulation, aber mit einem viel reicheren Klang! Es gibt für mich also keinen Grund für einen Barockbogen.“
Die vier Violinkonzerte Bachs hat er eingespielt mit dem solistisch besetzten, sechsköpfigen ApollΩn Ensemble: „Ich habe gespürt, dass die Solostimme die erste unter Gleichen ist und dass in diesen Konzerten im Grunde alle Stimmen gleich wichtig sind“, erklärt Kavakos die Besetzung.
Bevor aufgenommen wurde, testeten Kavakos und sein Ensemble die kleine Besetzung im Konzertsaal: „Das war vor zweieinhalb Jahren, es ging sehr gut. Die Solostimme ist nicht so isoliert vom Rest, wie wenn man ein Orchester hat. Die Bach’sche Polyphonie und die Individualität der Stimmen kommen viel besser zur Geltung. Und das Cembalo wird wichtiger, im Orchester geht es immer verloren, aber mit kleinem Ensemble wird es so wichtig, wie es bei Bach sein sollte! Man hört, dass das Cembalo auch ein autonomes Solo ist.“
Am Schluss kommen wir noch auf seine neue Aufnahme in der Reihe „Beethoven For Three“ zu sprechen, die sich diesmal im Trio mit Yo-Yo Ma und Emanuel Ax Beethovens Vierte und sein „Erzherzog-Trio“ vorgeknöpft hat. „Das war eine Pandemie-Idee, als Orchester nicht auftreten konnten, ein Experiment. Aber dann entdeckten wir, dass die kleine Besetzung ja aus der Entstehungszeit stammt, zur Beethovenzeit waren oft neue Werke nicht in der Originalversion zu hören, sondern nur in Kammermusik-Arrangements. Wir fingen an mit Beethovens Zweiter im Arrangement vom Beethoven-Schüler Ferdinand Ries, und dann haben wir Aufträge vergeben. Wir waren so happy mit dem Ergebnis! Und die Leute sind begeistert, sie lieben es, deshalb haben wir weitergemacht.“

Erscheint Ende März:

Johann Sebastian Bach

Violinkonzerte BWV 1041, 1042, 1052r, 1056r

Leonidas Kavakos, The ApollΩn Ensemble

Sony

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Neu erschienen:

Ludwig van Beethoven

Beethoven For Three, Vol. 3 (Sinfonie Nr. 4, Klaviertrio B-Dur, op. 97 „Erzherzog“)

Leonidas Kavakos, Yo-Yo Ma, Emanuel Ax

Sony

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Regine Müller, 23.03.2024, RONDO Ausgabe 2 / 2024



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