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In der Frühzeit der Stereofonie Mitte der 1950er Jahre übernahmen die Labels Mercury, RCA und Decca die Führungsrolle. Deren Produzenten und Tonmeister überboten sich geradezu in spektakulären, fast holografischen Klangbildern. So bilden die Orchesterproduktionen der ersten Stereo-Jahre bis heute einen unverändert attraktiven, und auch musikalisch hochwertigen Kanon von weltberühmten Kultaufnahmen, die von Zeit zu Zeit immer wieder restauriert und neu aufgelegt werden. Dies sehr zur Freude der vielen begeisterten Sammler, die an die mittlerweile unbezahlbaren alten Original-LPs nicht mehr herankommen. So betreibt die japanische Sektion von Universal schon seit geraumer Zeit den Transfer ihrer Archiv-Schätze auf audiophile Zweikanal-SACDs, und der Bremer Importeur Sieveking-Sound hat jetzt fünf solcher ikonischer Decca-Alben in sein Programm aufgenommen.
Wer kennt heute noch den Dirigenten Pierino Gamba (1936-2022)? Er produzierte zu Beginn der sechziger Jahre mit dem LSO einige Erfolgsalben, darunter eine LP mit fünf Rossini-Ouvertüren, die damals einen neuen Maßstab an Präzision und Spielfreude setzte. Mit acht Jahren begann der Römer zu dirigieren und übernahm später Orchester in Winnipeg und im australischen Adelaide. Auch wenn ihm der Weltruhm versagt blieb, so setzte er mit 24 Jahren Rossinis bekannteste Ouvertüren derart unter Strom, dass man seiner phänomenalen Detailarbeit, seinem Drive und seiner explosiven Dynamik wie „elektrisiert“ folgte. Diesen Zauber verströmt das Album auch heute noch, unvermindert (Decca 4846165).
Auch der Schweizer Dirigent Peter Maag (1919-2001), einer der führenden Mozart-Interpreten jener Jahre, arbeitete in den Sixties einige Jahre für Decca, und dirigierte da u.a. auch Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy. So gilt seine 1960 mit dem LSO entstandene Aufnahme der „Schottischen“ und der „Hebriden“-Ouvertüre in ihrer Frische, Anmut und Transparenz bis heute als unangefochtene Referenz. Als Zugabe enthält die SACD auch vier Sätze aus der bereits 1957 produzierten „Sommernachtstraum“-Musik, die in ihrem feinstofflich-filigranen Märchenzauber ähnlich konkurrenzlos dasteht (Decca 4845568).
Von Weltstar Sir Georg Solti (1912-1997) gibt es das 1966 mit dem LSO produzierte Album „Romantic Russia“ mit populären Ouvertüren und Tänzen aus Opern von Glinka, Mussorgski und Borodin, dazu die kaum bekannte zweite Sinfonie Tschaikowskis in einer frühen Stereo-Aufnahme aus dem Jahr 1957 mit dem Pariser Conservatoire-Orchester. In allen Stücken glänzt der Ungar durch sein entfesseltes Temperament, das er aber stets mit struktureller Klarheit und höchster Detailgenauigkeit zu kombinieren verstand (Decca 4845566).
Im Jahr 1966 produzierte der damals 33-jährige Spanier Rafael Frühbeck de Burgos mit dem New Philharmonia Orchestra ein messerscharf konturiertes Album mit Werken der spanischen Moderne, darunter eine rhythmisch entfesselte Version des Balletts „El Amor Brujo“ von Manuel de Falla und eine Orchesterversion von Albéniz populärer „Suite española“. Auch hier staunt man über die phänomenale Transparenz, die hautnahe Präsenz und die Farbenpracht des Decca-Sounds, der auch hier einen ganz eigenen Klangzauber verströmt (Decca 4845567).
Die vielfach preisgekrönte Einspielung von Rimski-Korsakows „Scheherazade“-Suite dagegen dirigierte Kirill Kondraschin (1914-1981) kurz nach seiner Emigration aus der UdSSR im Jahr 1979 mit dem Amsterdamer Concertgebouworkest, und hinterließ eine der aufregendsten, musikalisch zwingendsten Aufnahmen des Katalogs (Decca 4845562).
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