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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

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am 27.04.2024



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Retro-Diskothek

Seit jeher fasziniert die einzigartige Fülle von Aufnahmen, die Dietrich Fischer-Dieskau im Laufe seiner langen Karriere verwirklicht hat: In den Sängerabteilungen gut sortierter CD-Geschäfte nehmen die Einspielungen des am 28. Mai diesen Jahres 85 Jahre alt gewordenen Baritons noch immer mit Abstand den breitesten Raum ein. Seit einiger Zeit wird das im Studio produzierte Material ergänzt durch Veröffentlichungen von Live- oder Rundfunkproduktionen. Vieles davon war zuvor niemals kommerziell erhältlich und lässt die Herzen der Fischer-Dieskau- Fans entsprechend höher schlagen, denn auf eines kann man sich im schier unüberschaubaren Schaffen des »Cantor doctus« stets verlassen: Selten hat er eine Sache zweimal gleich gemacht, immer wieder beleuchtete er schon oft Dargebotenes aus neuen Blickwinkeln.
Das Label »Audite« präsentierte zu Fidis Geburtstag vier interessante CDs, von denen besonders ein live mitgeschnittener Brahms-Liederabend aus dem Jahre 1972 begeistert: Es begleitet hier der polnische Pianist Tamás Vásáry, der ganz offensichtlich ein ausgesprochen inspirierender Musizierpartner war. Selten zu hörendes Repertoire, produziert zwischen 1972 und 1989 fürs Rundfunk-Archiv, birgt ferner eine andere der vier Audite-CDs: klavier- und orgelbegleitete Lieder von Max Reger, Paul Hindemith und Heinrich Sutermeister.

Lieder

Dietrich Fischer-Dieskau, Ulrich Bremsteller, Aribert Reimann

Audite

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Reizvoll sind für Fischer-Dieskau-Verehrer neben bisher unbekannten Perlen natürlich auch preisgünstig gebündelte Wiederveröffentlichungen be- kannterer Einspielungen, gelegentlich bereichert um wertvolle Details: In der 10-CD-Box mit den wichtigen EMI-Aufnahmen Fischer-Dieskaus hören wir die »Schöne Müllerin« mit Gerald Moore am Klavier (1961) endlich einmal wieder mit dem gesprochenen Prolog und Epilog Wilhelm Müllers – zwei Texte, die Schubert nicht vertonte, die den Zyklus aber in ein neues geistesgeschichtliches und poetisches Licht rücken. Ferner erfreuen in dieser Box u.a. die Bachkantaten- und Bacharien-Einspielungen aus den Jahren 1958, 1960 und 1971, die lange Zeit nur schwer zu finden waren. Aufführungspraktisch sind sie freilich heute Fossilien, aber ihre individuelle Aussagekraft hat an Intensität nichts eingebüßt.

Ein Porträt

Dietrich Fischer-Dieskau

EMI

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Ein Bariton ganz anderen Zuschnitts gilt es in diesen Tagen ebenfalls zu ehren: Josef Metternich wäre am 2. Juni dieses Jahres 95 geworden, aber er starb vor nunmehr fünf Jahren wenige Monate vor seinem 90. Geburtstag. Seine Spezialität war die kraftvoll-virile, metallische Klangproduktion nach italienischem Vorbild, atemberaubend offen vom unteren bis zum oberen Ende der Skala. Eine 2-CD-Box des Labels »Ars Produktion« vereint eine Reihe von Opernarien- Aufnahmen aus den Jahren 1951 bis 1955 mit ausführlichen Interviewpassagen, die Thomas Voigt einst für ein geplantes Buch über den Sänger dokumentierte. Der Buchplan wurde von Metternichs Tod durchkreuzt, aber seine ebenso eloquenten wie kurzweiligen Erzählungen im kölnisch gefärbten Originalton entschädigen mehr als reichlich dafür

Josef Metternich

Ars Produktion/Note 1

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Mit einem zweiten Schwung reizvoll anzuschauender Wiederveröffentlichungen unter dem Seriennamen »Cabinet« schwemmt das Label »Glossa« einige wertvolle Produktionen älterer Musik in die CD-Regale auch visuell zu begeisternder Klassikhörer. Allerdings steht der akustische Gehalt dem äußeren Gewand an Schönheit nicht nach: Hervé Niquets Einspielung einiger »Leçons de ténèbres« von Marc-Antoine Charpentier liefert wenig bekannte Kleinode des französischen Barock in vorbildlicher Darbietung. Noch weniger populär, dafür aber umso entdeckenswerter sind Luigi Boccherinis »Sonaten op. 5« für Violine und Cembalo, die Emilio Moreno und James Ogg im Jahre 2000 einspielten. Und praktisch blind verlassen kann man sich auf die Güte der Aufnahmen des Vokalensembles »La Venexiana«, die sich mit ihrer Gesamteinspielung der Madrigale Claudio Monteverdis einen Platz in der Schallplattengeschichte sicherten. Weniger bekannt wurde ihre 2001 festgehaltene Interpretation des neunten Madrigalbuchs von Luca Marenzio – man sollte sie indes nicht verpassen.

Marc-Antoine Charpentier

Leçons de ténèbre

Hervé Niquet, Le Concert Spirituel

Glossa/Note 1

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Michael Wersin, 18.01.2014, RONDO Ausgabe 4 / 2010



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