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27.04. - 03.05.2024

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am 04.05.2024



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Stolz auf seinen Ankauf: Dr. Walter Reicher (c) Internationale Joseph Haydn Privatstiftung Eisenstadt/Nina Goldnagl

Pasticcio

Haydn in Savannah/Georgia

Laut Wikipedia haben die Bewohner von Savannah nicht nur einen grünen Daumen. Das im Bundesstaat Georgia gelegene Städtchen zählt auch noch zu den schönsten in den USA. Trotz der urbanen Reize muss es aber dennoch schon einen triftigen Grund für einen Kulturmanager wie Walter Reicher geben, bis er sich einem Flugmarathon aussetzt, um dorthin zu gelangen. Doch kürzlich dürfte Reicher in offizieller Mission der Internationalen Joseph Haydn Privatstiftung Eisenstadt tatsächlich mit freudestrahlendem Gesicht von seinem langem Kurztrip zurückgekehrt sein. Unter dem Arm bzw. im Gepäckraum hatte er nämlich ein echtes Haydn-Porträt, das Christian Ludwig Seebas 1785 in Wien angefertigt hat. Nun gibt es diverse Ölgemälde und Stiche, auf denen Joseph Haydn verewigt worden ist. Und auch von Christian Ludwig Seebas sind bereits zwei Gemälde bekannt. Das eine befindet sich in der Sammlung der Staatlichen Museen Schwerin. Das zweite war im Besitz der Stiftung Preußischer Kulturbesitz/Staatliche Museen zu Berlin. Doch seit Kriegsende 1945 steht es auf der Liste verschollener Kunstwerke. Lediglich eine schwarz-weiß-Fotografie ist davon erhalten.
Umso hellhöriger wurde Walter Reicher daher im vergangenen Jahr, als ihm ein amerikanischer Musiker nun von einem völlig unbekannten dritten Seebas-Porträt berichtete. Gesehen hätte er das Bild in einem Antiquitätengeschäft in Savannah. „Die Besitzer konnten sich nicht mehr genau erinnern, wann sie das Bild bekommen hatten. Vermutlich ist das etwa 30 Jahre her“, so Reicher jetzt bei der öffentlichen Präsentation des zu einem „moderaten Preis“ erworbenen und im Vorfeld der Neuausstellung von Kunsthistorikern gereinigten Haydn-Fundes. Ab sofort wird also das Haydn-Gemälde im Landesmuseum Burgenland zu sehen sein. Und wie schon bei seinem anderen bekannten Haydn-Porträt hat Seebas darauf penibel geachtet, dass der Komponist so gar nicht unvorteilhaft ausschaut, sondern selbstbewusst und freigeistig aus pelzverbrämter Weste dem Betrachter entgegen blickt. Immerhin sollen in Wirklichkeit nicht nur Teile seines Gesichts mit Pockennarben bedeckt gewesen sein. Wie Zeit- und Augenzeugen berichteten, „trat noch eine derbsinnliche, vorragende Unterlippe und ein massiv breiter Unterkiefer [hinzu]. Haydn‘s Kopf bot somit ein wunderliches Gemisch von Anziehendem und Abstoßendem“.

Guido Fischer



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