home

N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Startseite · Oper & Konzert · Da Capo

(c) Monika Rittershaus

Da Capo

München, Prinzregententheater – Georg Friedrich Händel: „Semele“

Verehrt und gefedert

Super drauf ist derzeit bekanntlich Claus Guth. Während sich der Regisseur früher allzu oft als ‚David Lynch der Oper‘ selbst zitierte, mit rotierend leeren Spuk-Räumen, baut ihm Michael Levine für Händels „Semele“ einen blendend weißen Bankettsaal. Hier kann nichts schiefgehen. Außer der Hochzeit natürlich, die gerade gefeiert wird. Manchmal gehen die Symbole auch mit Guth durch – etwa, wenn vom Himmel rabenschwarze Federn regnen. Die Verbrennung Semeles, nachdem Jupiter sie mit Strahlen versenkt, versagt Guth seiner Heldin. Als Blitzschlagopfer überlebt sie; um Dionysos, ihrem mythologischen Sohn, das Leben zu schenken. Kluger Gedanke: Aus christlicher Sicht muss die Welt der Götter einer heidnischen Unterwelt gleichen. Genauso sieht sie hier aus.
Die Titeldarstellerin der Münchner Opernfestspiel-Premiere, Brenda Rae, sieht aus wie Sarah Jessica Parker in „Sex and the City“. Vom Münchner Publikum wird sie dermaßen angehimmelt, dass ein Stoßseufzer der Enttäuschung durch die Reihen geht, als sich die Sängerin bei der vorletzten Vorstellung als unpässlich ansagen lässt. Tenor-Star Michael Spyres (Jupiter) kann im Barock-Bereich mit sich selbst nicht ganz konkurrieren (im Verhältnis dazu, wenn er Berlioz singt). Auch Emily D’Angelo als Juno enttäuscht etwas. Fantastisch dagegen Nadezhda Karyazina als Ino. Jakub Józef Orliński bringt nicht nur die erotisch röhrendsten Countertenor-Töne unters Volk, die man jemals hörte. Er darf auch der Fähigkeit zum Breakdance sinnig frönen.
Dem gefeierten Bayerischen Staats­orchester muss man lassen, dass es seinen Händel – in dieser 14. Barock-Produktion der Bayerischen Staatsoper seit Peter Jonas – wahrlich im Blut hat. Da kann der abgespreizte kleine Finger von Gianluca Capuano kaum Schaden stiften. Für Händel auf diesem musikalischen Niveau muss man sonst weit reisen. Es bringt wirklich was – man merkt erst, wie gut er ist. Semele triumphans.

Kai Luehrs-Kaiser, 09.09.2023, RONDO Ausgabe 4 / 2023



Kommentare

Kommentar posten

Für diesen Artikel gibt es noch keine Kommentare.


Das könnte Sie auch interessieren

Pasticcio

Fitnessprogramm Musik

Über den Einfluss von Musik auf das Gehirn bzw. auf die Entwicklung des Menschen zerbrechen sich […]
zum Artikel

Pasticcio

Gut angelegt!

Meldungen und Meinungen der Musikwelt

Die schottische Star-Percussionistin Evelyn Glennie ist nahezu gehörlos. Daher spielt sie meist […]
zum Artikel

Gefragt

John Nelson

Klangmagier

Der inzwischen wichtigste Berlioz-Dirigent schließt die Feiern zum 150. Todestag des Komponisten […]
zum Artikel


CD zum Sonntag

Ihre Wochenempfehlung der RONDO-Redaktion

Externer Inhalt - Spotify

An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.

Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.

Das Klavierquartett c-Moll des 19-jährigen Strauss war ein Geniestreich, der sofort als solcher erkannt wurde. Komponiert 1883/84, zwischen der ersten Sinfonie und der „Burleske“ für Klavier und Orchester, gilt es als Höhepunkt der Auseinandersetzung mit Brahms und den Formen der klassisch-romantischen Instrumentalmusik.

Aus einer viel späteren Schaffensphase, nämlich den letzten Kriegsmonaten 1945, stammen die „Metamorphosen für 23 Solostreicher“. Zu jener Zeit arbeitete […] mehr


Abo

Top