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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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Besucherinnen in der Ausstellung „Nietzsche privat – Eine unmögliche Ausstellung“ im Museum Neues Weimar © Henry Sowinski/Klassik Stiftung Weimar

Pasticcio

Avancierte Aktualität

Seit seiner Premiere im Wendejahr 1990 ist das Kunstfest Weimar nicht mehr aus dem deutschen Kulturbetrieb wegzudenken. Bei diesem ersten deutsch-deutschen Veranstaltungsmarathon geben sich nicht einfach namhafte Künstler wie etwa Regisseur Robert Wilson, Geiger Gidon Kremer und Bestseller der Bildenden Künste à la Anselm Kiefer die Klinke in die Hand. Dieses spartenübergreifende Kunstfest-Projekt ist mit seinen anspruchsvollen, zum (Nach-)Denken anregenden Produktionen das genaue Gegenteil von kulturellem Fastfood. Und immer wieder gibt es in dem mehrwöchigen Reigen so manche Sensationen. So auch bei der diesjährigen Edition, bei der nicht etwa die Weimarer Klassiker auf besondere Weise im Mittelpunkt stehen. Es ist vielmehr der hier im Jahr 1900 verstorbene Philosoph und Moustache-Fan Nietzsche. In der Ausstellung „Nietzsche privat – Eine unmögliche Ausstellung“ präsentiert die Klassik Stiftung Weimar erstmals die private Einrichtung der Geschwister Nietzsche, von Friedrichs Wohnzimmer bis zu Elisabeths Paraguay-Souvenirs. Wobei viele der Ausstellungsstücke in einem denkbar schlechten Zustand sind – was auf die DDR-Zeiten zurückgeht, in denen die Erinnerungsstücke recht lieblos in irgendwelche Keller verdammt wurden.
Aber selbstverständlich gibt es beim Kunstfest Weimar erneut reichlich Musik bzw. anspruchsvolle Konzerte und Musiktheaterstücke. Von dem chilenischen Komponisten Juan Allende-Blin, der seit über einem halben Jahrhundert in Deutschland lebt, präsentiert man eine „Musikalisch-radiophone Collage“ zu Texten von Jorge Semprún und Samuel Beckett. „Vielleicht erzeugen die musikalischen Ereignisse ein tieferes Verständnis als die Texte, die verwendet werden“, so Allende-Blin. „Musik und Geräusche besitzen auch eine Semantik – nur lässt uns diese sprachlos, weil wir sie nicht in Worten wiedergeben können. Alle Bestandteile sublimieren sich, sie werden gleichwertige Figuren.“
Unter den rund 160 Veranstaltungen und 45 Projekten (davon 20 Ur- und Erstaufführungen) findet sich aber auch das Musiktheater „Missing in cantu“ der Österreicher Johannes Maria Staud (Musik) und Thomas Köck (Libretto) – eine vielschichtige Betrachtung der selbstzerstörerischen Gier des Kapitalismus und ein kritischer Blick auf die Weltmacht USA.
Gleichermaßen brandaktuell ist natürlich die fünftägige und interdisziplinäre Antikriegsperformance „Kriegsweihe“. Sie stammt vom Komponisten und Regisseurs Marc Sinan. Und für dieses Mammutunternehmen aus Installationen, Performances und Prozessionen konnte für die musiktheatrale Gala „Kill Krieg“ das seit dem Krieg in der Ukraine in Gera ansässige Sinfonieorchester Kiew gewonnen werden.

Guido Fischer



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