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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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Ein sommerliches Paradies für Opern- und Theaterbegeisterte: Das Liebhaber-Theater im thüringischen Schloss Kochberg © Maik Schuck

Pasticcio

Auch der Geheimrat wäre erzürnt!

Wenn man schon mal in Rom ist, kann man eigentlich auch mal in die Oper gehen. Dachte sich wohl der Italien-Reisende Goethe, als er 1787 in der Ewigen Stadt weilte. Und seine Idee war gar nicht schlecht. Denn er schien sich bei der Opera buffa „L’impresario in angustie“ von Domencio Cimarosa mehr als nur köstlich amüsiert zu haben. Goethe war von diesem Stück derart begeistert, dass er mit der Partitur nach Weimar zurückreiste, um es in seiner Funktion als Theaterdirektor auch dem deutschen Opernpublikum zu präsentieren. Dafür richtete er eine eigene deutsche Fassung mit dem Titel „Die Theatralischen Abentheuer oder: Der Theaterdirektor in Nöthen“ ein und spickte alles mit noch so manchen Einlagearien anderer Komponisten. Die Uraufführung dieser Fassung am 24. Oktober 1791 wurde ein voller Erfolg. Doch schon bald verschwand diese musikalische Komödie in den Untiefen irgendwelcher Archive. 2022 tauchte dieser herrliche musikalische Schwank über den Opernbetrieb an einem außergewöhnlichen Ort endlich wieder auf. Im schmucken Liebhabertheater Schloss Kochberg , also dem einstigen Landsitz von Goethes Freundin Charlotte von Stein, feierte die Goethe-Version moderne Erstaufführung. Die Regie übernahm Nils Niemann. Unter der Leitung von Wolfgang Katschner spielte im historischen Theater die lautten compagney BERLIN. Und die Resonanz darauf war überwältigend.
Auch mit dieser Produktion lockte man im hier im Rahmen des jährlich stattfindenden Theatersommers Opern-, aber auch Theaterliebhaber ins thüringische Kochberg. Kürzlich ist die Saison 2023 mit ihren 30 Theater-, Opern- und Konzertaufführungen zu Ende gegangen. Und der Spielplan für den nächsten Theatersommer, der unter dem Motto „Aufbruch zur Goethezeit“ steht, ist natürlich längst fertig. So gibt es das neue Musiktheaterprojekt „Ariadne auf Naxos“ nach einem Melodram von Georg Anton Benda. Und selbstverständlich dürfen auch diesmal die „Theatralischen Abentheuer“ nicht fehlen. Die Vorfreude auf das kommende Jahr wurde aber gerade mächtig eingetrübt. Denn der „Theatersommer“ scheint gefährdet. Die Leiterin des Liebhabertheaters Silke Gablenz-Kolakovic: „Seit 2021/22 haben wir uns um eine Basisförderung unserer Theatersommer bemüht. Diese Möglichkeit wurde uns damals für 2024 in Aussicht gestellt. Nun wurde der Antrag, begründet mit der Haushaltslage abgelehnt. Ohne eine verlässliche finanzielle Basis für die nächsten Jahre müssten wir das Theater allerdings schließen.“
Sollte dieser worst case eintreffen, wäre auch Thüringen um eine Attraktion ärmer. Zumal man hier seit 20 Jahren Bühnenwerke des 18. und frühen 19. Jahrhunderts am authentischen Ort mit renommierten Künstlern aufführt. Angesichts der drohenden Streichung der nötigen Gelder haben sich bereits einige wichtige Stimmen zu Wort gemeldet. Wolfgang Katschner: „Der Erfolg hat seinen Preis. Herausragende künstlerische Qualität muss erarbeitet werden. Bitte sorgen Sie dafür, dass eine auskömmliche Förderung möglich wird." Und auch Ulrike Lorenz, Präsidentin der Klassik Stiftung Weimar, merkt an: „Silke Gablenz-Kolakovic und ihr kleines Team leisten mit den Künstlerinnen und Künstlern eine über das normale Maß weit hinausgehende Arbeit. Es wäre ein großer und unwiederbringlicher Verlust, dieses begeisternde Zusammenwirken an einem Gesamtkunstwerk aus Sprache, Musik und Bewegung im einzigartigen historischen Theater-Ambiente […] nicht qualitätvoll und gesichert fortsetzen zu können.“ Goethe jedenfalls würde sich wohl im Grab umdrehen.

Guido Fischer



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