home

N° 1355
27.04. - 05.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Startseite · Medien · Kronjuwelen

Kronjuwelen

Schätze für den Plattenschrank

„La Divina“ – komplett und in neuem Glanz

Zum 100. Geburtstag der Callas hat Warner Classics jetzt zum ersten Mal den Gesamtbestand ihres klingenden Nachlasses in einer Edition zusammengefasst, nachdem bereits 2014 alle ihre Studioproduktionen und 2017 zwanzig Opernmitschnitte getrennt veröffentlicht worden waren. Der Live-Bestand ist jetzt um zwei weitere Opern, nämlich Bellinis „La sonnambula“ von 1957 unter Votto und die Mailänder „Traviata“ unter Giulini (1955) ergänzt worden, dazu 15 legendäre Konzertauftritte sowie ihre „Masterclasses“ an der New Yorker Juilliard School (1971-72).
Ohne Zweifel ist es das Verdienst ihres mittlerweile von Warner Classics geschluckten Labels, der britischen EMI, bei dem sie von 1953 bis zu ihrem Karriereende unter Vertrag stand, dass das künstlerische Erbe der Callas heute so umfassend dokumentiert ist. Unter der Aufsicht des legendären Produzenten Walter Legge produzierte sie bis 1965 24 Operngesamtaufnahmen und 11 Studio-Recitals. Vier Jahre nach ihrem Karriere-Ende, im Februar 1969, nahm sie in Paris noch ein halbes Dutzend Verdi-Arien auf, die erst Jahre nach ihrem Tod veröffentlicht wurden. Diese „Callas-Rarities“, der gesamte EMI-Bestand plus die beiden frühen für die italienische Cetra produzierten Mono-Aufnahmen von „La gioconda“ (1952) und „La traviata“ (1953) sowie ihr allererstes Studio-Recital von 1949 wurden von Warner Classics in den Londoner Abbey-Road-Studios in hochauflösender HD-Technik neu remastered und bündeln nun ihre kompletten Studio-Dokumente auf 69 CDs. Deren Klangqualität hebt sich deutlich ab von allen früheren Digitaltransfers: Die Stimme der Callas klingt einfach angenehmer, wärmer, natürlicher, befreit von der überdrehten Schärfe und dem künstlichen Hall der ersten EMI-Alben. Und sie ist jetzt viel besser eingebettet in einen homogenen, schöner aufgelösten und präziser fokussierten Orchesterklang.
Da sich der Mythos Callas aber auch ihrer charismatischen Bühnenpräsenz verdankt, war es nur konsequent, auch die nicht weniger spektakulären, aber akustisch oft angegriffenen Live-Dokumente ihrer Bühnenauftritte mitaufzunehmen, die es lange Zeit nur in Form von mies klingenden Bootlegs gegeben hatte, und die dann erst nach ihrem Tod legalisiert worden waren: Sie sind den Studioarbeiten an Ausdruckskraft, an vokalem Zauber fast noch überlegen. So enthält das Live-Konvolut 22 komplette Opernaufführungen aus den Jahren 1949 bis 1964, die damals von örtlichen Rundfunksendern mitgeschnitten und jetzt ebenfalls ins hochauflösende 24bit/96kHz-Format überspielt wurden: Das Resultat hebt sich deutlich ab von früheren CD-Pressungen. So ist etwa ihre geradezu dämonische, mit Gift durchsetzte Interpretation der Verdi’schen Lady Macbeth im Dezember 1952, ihr endgültiger Durchbruch an der Mailänder Scala, kaum wiederzuerkennen: Man spürt jetzt das ganze Ausmaß ihrer einzigartigen, furchterregenden Gestaltungskunst.
Neben dem 131 CDs umfassenden Audio-Archiv enthält die Edition auch drei Blu-ray-Discs mit Videodokumenten von fünf Konzerten der Callas aus den Jahren 1958-1964. Außer zwei Hamburger Recitals in den Jahren 1959 und 1962 und zwei kürzeren Londoner TV-Auftritten kann man da auch ihr legendäres Pariser Debüt vom Dezember 1958 bestaunen, bei dem sie mit einigen Favorit-Arien und mit einer szenischen Aufführung des zweiten Tosca-Aktes die gesamte Pariser High Society zu Jubelstürmen hinriss: Dieses einzigartige Filmdokument unterstreicht mit unwiderruflicher Beweiskraft die unbeschreibliche Intensität, Aura und Magie ihrer Persönlichkeit, und einer vokalen Gestaltungsmacht, bei der „selbst das Atemholen Kunst war“ (I. Bachmann).

Neu erschienen:

La Divina – Maria Callas In All Her Roles. Complete Studio and Live Recordings, 1949-69

Maria Callas

134 CDs, 3 Blu-rays, DVD-ROM – Warner

Als JPC- und Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen.

Attila Csampai, 25.11.2023, RONDO Ausgabe 6 / 2023



Kommentare

Kommentar posten

Für diesen Artikel gibt es noch keine Kommentare.


Das könnte Sie auch interessieren

Café Imperial

Unser Stammgast im Wiener Musiker-Wohnzimmer

Im Café Imperial, dem vielleicht nicht auratischen, aber hochmögendsten Caféhaus von Wien, […]
zum Artikel

Hörtest

Mendelssohn: „Italienische“ Sinfonie

Noch immer wird Felix Mendelssohn Bartholdy unterschätzt. Dabei ist seine Musik mehr als flirrende […]
zum Artikel

Pasticcio

„A Danse à Deux“

Am 2. September 1850 stiegen sie mit Kind und Kegel in Düsseldorf aus. Genauer: am heutigen […]
zum Artikel


Abo

Top