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N° 1355
27.04. - 06.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



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Zwei Leuchttürme der Moderne: Die „Fackel“ in Arnold Schönbergs Nachlassbibliothek © Arnold Schönberg Center, Wien

Pasticcio

Unruhestifter der Moderne

Wann immer ein neues Werk von Arnold Schönberg in den Startlöchern stand, war nicht sicher, wie heil der Komponist nach der Aufführung rauskommen würde. Das Publikum konnte schließlich bösartig reagieren. Aber auch die Musikkritik. Und im Jahr 1909 war Schönberg nach einem erneuten Veriss derart auf 180, dass er sich an einen Artikel über die „Musikkritik“ setzte und diesen dem guten Freund Karl Kraus zur Veröffentlichung in seiner legendären Zeitschrift „Die Fackel“ schickte. Kraus konnte ein unerbittlicher Spötter und wenig rücksichtsvoller Kulturkritiker sein. Doch diesmal, im Fall von Schönberg, appellierte er an ihn, seine Schmähschrift gegen die „Pressehunde“ zurückzuhalten. Sie könne ihm nur selber schaden. Kraus war für Schönberg aber mehr als nur ein wertvoller Ratgeber. 1911 schrieb er ihm: „Ich habe durch Sie Schreiben, ja fast Denken gelernt.“
Diese beiden österreichischen Leuchttürme der Moderne wurden 1874 und damit vor genau 150 Jahren geboren. Idealer Anlass für das in Wien beheimatete Arnold Schönberg Center, sie mit der Dialogausstellung „Arnold Schönberg & Karl Kraus“ zu würdigen (bis 10. Mai 2024).
Die umfangreiche Schau mit 115 Exponaten (Musik- und Textmanuskripte, Schriften, Gemälde und Zeichnungen, Briefe und Fotografien, Dokumente und Druckschriften) dokumentiert eine der wichtigsten Epochen der Wiener Kulturgeschichte. So beleuchtet die Ausstellung auch die Verbindungen von Schönberg zu dem Architekten Adolf Loos, zum Maler und Zeichner Oskar Kokoschka sowie zur Dichterin, Ärztin und Frauenrechtlerin Marie Pappenheim.
Trotz der Verschiedenheit von Herkunft, Bildung, Charakter und Schaffensgebieten weisen aber eben die Jubilare denkwürdige Berührungspunkte auf, so die Kuratorin Therese Muxeneder. „Nicht allein ihr Wirken in gleicher Zeit und im gleichen Kulturraum legen nahe, Schönberg und Kraus zusammenzudenken.“ Sie beide verbindet, so ein Wort des Komponisten Ernst Krenek, „ein gemeinsamer Zug von Unerbittlichkeit und Intransigenz“ – mit dem sie nicht nur ihre Epoche kompromisslos geprägt haben. Mehr Schönberg und mehr Kraus wagen, würde man sich heute von so manch nachgeborenen Komponisten und Schriftstellern wünschen.

Guido Fischer



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