home

N° 1355
27.04. - 05.05.2024

nächste Aktualisierung
am 04.05.2024



Startseite · Oper & Konzert · Hausbesuch

Werbeinformation

Dorothee Oberlinger und Nils Mönkemeyer im Orangerieschloss (c) Stefan Gloede

Musikfestspiele Potsdam Sanssouci

Von Renaissancetanz bis Techno

Die 34. Ausgabe der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci steht ganz im Zeichen des „Tanzes“. Und neben Barockoper, Strawinskis „Le sacre du printemps“ und Flamenco gibt es sogar eine Berliner Techno-Choreo!

Für eine Nation wie Frankreich, die auf ihr kulturelles Erbe nun wirklich stolz ist, muss es geradezu ein Sakrileg gewesen sein, als ein Ensemble von der anderen Rhein-Seite den Zuschlag für ein Prestigeprojekt bekam. Dirigent Reinhard Goebel und seine Musica Antiqua Köln waren nämlich 1999 eingeladen worden, den Soundtrack für das französische Filmspektakel „Der König tanzt“ beizusteuern. Dieser Kultfilm darf natürlich im Gesamtprogramm der diesjährigen Musikfestspiele Potsdam Sanssouci nicht fehlen. Schließlich drehen sich nahezu sämtliche 62 Veranstaltungen um den „Tanz“. Eine schöne Idee war es zudem von der Künstlerischen Leiterin Dorothee Oberlinger, die fidele Alte-Musik-Legende Reinhard Goebel einzuladen, um mit ihm über diesen Film zu plauschen und anekdotenreich in den Erinnerungen zu kramen.
Mit großen Augen und Ohren wird unter Garantie der Barock-Connaisseur Goebel aber dann auch einem Live-Spektakel beiwohnen, bei dem einst der tanzwütige Sonnenkönig selbst mitwirkte. Es ist die herrliche Comédie-ballet „Le mariage forcé“ von Molière und Jean-Baptiste Lully – nun mit den Schauspielern und Musikern der Ensembles Les Malins Plaisirs und Le Concert Spirituel sowie der Tanzkompanie l’Éventail. Die Regie bei dieser fulminanten Neuproduktion im historischen Schlosstheater des Neuen Palais übernimmt Regisseur und Molière-Kenner Vincent Tavernier.
Mit einem weiteren Operncoup der diesjährigen Festspiele kommen Barockmusik- und Tanzfans am Eröffnungswochenende voll auf ihre Kosten. Denn dann leitet Dorothee Oberlinger die moderne Wiederaufführung von Carl Heinrich Grauns Oper „Adriano in Siria“, bei der 1746 auch die von Friedrich dem Großen angehimmelte Tänzerin Barbara Campanini triumphierte. Nun schlüpft in ihre Rolle der auf den Barocktanz spezialisierte Tänzer Noah Hellwig. Außerdem könnten die Partien sängerisch kaum besser besetzt sein – mit Valer Sabadus, Roberta Mameli und Bruno de Sá!
Überhaupt haben Dorothee Oberlinger und ihr Team einmal mehr mit all den prominenten Gästen eine prallvolle Klangwundertüte zusammengestellt, bei der jede musikvernarrte Generation zugreifen kann. Bei dem Tanzprojekt „Jumpstyle Baroque“ trifft Barock auf Techno-Tanz. Das phänomenale Ensemble Accademia del Piacere kombiniert mit seinem Leiter Fahmi Alqhai Musik des 16. und 17. Jahrhunderts mit Flamenco. Cembalist Andreas Staier lässt nicht nur mit Bach die Tasten tanzen und hüpfen. Und während die Cappella Mediterranea unter Leonardo García Alarcón als Ensemble in Residence gleich drei Konzerte gibt, lädt das Two4Piano-Duo mit Arrangements etwa von Strawinskis Skandal-Ballett „Le sacre du printemps“ nach Paris ein. Und ganz zum Schluss, im spektakulären Open-Air-Finale auf den Terrassen des Orangerieschlosses Sanssouci, heißt es dann „Tarantella“. Wenn das Ensemble Holland Baroque mit dem jungen Stargeiger Théotime Langlois de Swarte auch zu Barockversionen jenes wilden „Tarantella“-Tanzes loslegt, bei dem es schon dem Geheimrat und Neapel-Reisenden Goethe im Tanzbein juckte.

Musikfestspiele Potsdam Sanssouci

7. bis 23. Juni
„Tanz“
www.musikfestspiele-potsdam.de
Tickets: +49 331 28 888 28

Guido Fischer, 10.02.2024, RONDO Ausgabe 1 / 2024



Kommentare

Kommentar posten

Für diesen Artikel gibt es noch keine Kommentare.


Das könnte Sie auch interessieren

Hausbesuch

Neue Konzerthäuser

Habemus Philharmonie!

Gerade hat Paris seinen ersten modernen Konzertsaal eröffnet. In Deutschland gibt es davon schon […]
zum Artikel

Pasticcio

Die Zukunft eines Traditionschors

Meldungen und Meinungen der Musikwelt

Der Rundfunkchor Berlin hat eine wahrlich bewegte Geschichte hinter sich. Bis zurück ins Jahr 1925 […]
zum Artikel

Gefragt

Capella de la Torre

Playlist des Frühbarock

Bei Monteverdi geht die Sonne auf – endlich, aber nur bei Katharina Bäuml und ihrem Ensemble. […]
zum Artikel


Abo

Top