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N° 1355
27.04. - 03.05.2024

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am 04.05.2024



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Peter Materna (c) Jazzfest Bonn/Boris Breuer

Jazzfest Bonn

Risiko und Glücksgefühle

Das Jazzfest feiert seinen 15. Geburtstag mit Stars wie Ute Lemper oder Linda May Han Oh. Festivalchef Peter Materna verrät, warum es am Rhein so schön für den Jazz ist.

RONDO: „Risiko“ lautet das Motto des diesjährigen Bonner Jazzfests. Was können wir uns darunter vorstellen?
Peter Materna: Gibt es eine Musik, die noch risikobehafteter wäre als der Jazz? Da gehört das Risiko quasi zum Tagesgeschäft. Risiken bergen aber auch Chancen, und im besten Fall geht das mit großen Glücksgefühlen einher. Als Musiker erlebe ich das selbst regelmäßig. Als Festivalleiter suche ich Künstlerinnen und Künstler aus, von denen ich glaube, dass sie uns überraschen werden. Ich rege sie dazu an, bei uns etwas Neues auszuprobieren. Das gleiche gilt für meine Programmgestaltung, auch da gehe ich Risiken ein. Beim diesjährigen Jazzfest gibt es etwa einen Abend im Bonner Münster, an dem ein Soloauftritt des Akkordeonisten Richard Galliano mit einem Konzert des Organisten Franz Danksagmüller kombiniert wird, der unter anderem Ligeti spielt. Da sind dann die größte und die kleinste Orgel der Welt in einem Raum. Das ist auch ein klangliches Wagnis, bei dem sich die Frage stellt: Wie geht das Publikum damit um? Wobei ich mittlerweile von dem Bonner Publikum mehr als begeistert bin, weil ich immer das Gefühl habe – das wird nicht nur alles dankbar aufgenommen, sondern auch verstanden!

In seiner 15-jährigen Geschichte hatte das Bonner Jazzfest schon einige Legenden zu Gast. Wie lautete das Feedback von Künstlern wie Wayne Shorter oder Brad Mehldau?
Mit Brad Mehldau habe ich mich tatsächlich öfters über Bonn unterhalten. Der kommt wahnsinnig gerne hierher, weil er das Programm gut findet. Wen alle schätzen, nicht nur die Pianisten, ist natürlich Beethoven. Als Mehldau das erste Mal hier war, fragte er sofort: Wann kann ich ins Beethoven-Haus? Als der Pianist Jason Moran bei uns im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses spielte, meinte er ehrfürchtig, er würde sich auf heiligem Boden befinden, weil unter ihm die Manuskripte des Meisters liegen. Unter der Bühne ist ja der Tresor mit den Originalhandschriften.

Überall wird gespart – aber das Jazzfest befindet sich auf Expansionskurs mit über 30 Konzerten, bei denen unter anderem Stars wie Rebekka Bakken, Harold López-Nussa oder Linda May Han Oh zu hören sind. Wie geht das?
Das klappt nur mit der tatkräftigen Unterstützung der Sponsoren. Allein mit den Eintrittsgeldern und den öffentlichen Zuwendungen bekäme man das nicht finanziert. Was sich schon bei der zweiten Festivalausgabe herauskristallisierte, war, dass das Doppelkonzert-Format außerordentlich gut funktioniert. Mir ist es wichtig, noch unbekannte Künstlerinnen und Künstler an der Seite von prominenten Acts zu platzieren. Nicht ohne Grund eröffnet die dänische Sängerin Mia Knop Jacobsen am 19. April in der Bundeskunsthalle das Festival vor dem schwedischen Bassisten Lars Danielsson.

Eine ähnliche Philosophie liegt auch dem Jubiläumskonzert am 15. Juni im Bonner Opernhaus mit Ute Lemper und Rebecca Trescher zugrunde …
Die Klarinettistin und Komponistin Rebecca Trescher ist ja zum Glück keine Unbekannte mehr. Als sie das erste Mal bei uns gespielt hat, war das in einem Doppelkonzert mit Nigel Kennedy, da kannte sie noch keiner. Alle hatten ihre Karten wegen Kennedy gekauft, geredet wurde nachher aber vor allem über sie. Ute Lemper ist für mich ein Weltstar. Ich habe mit ihr auch unlängst zusammen als Gast beim „Jazz Lights“-Festival in Oberkochen gespielt, das war eine irre Erfahrung. Wenn sie Jazz-Standards singt, legt man die Ohren an! Sie ist eine der intonationsbesten Sängerinnen, die ich je gehört habe.

Was sind Ihre Geheimtipps in diesem Jahr?
Ich finde das Doppelpack aus der Leipziger Pianistin Olga Reznichenko und der Prince-Sängerin Liv Warfield sehr spannend. Und die Kombination der deutsch-iranischen Sängerin und Komponistin Cymin Samawatie mit der bei uns viel zu wenig bekannten österreichischen Bassistin Gina Schwarz mit ihrem Oktett.

Im Jubiläumsprogramm gibt es einige Künstler, die schon mal beim Bonner Jazzfest waren. Zufall oder Absicht?
Absicht! Rebekka Bakken war zum Beispiel schon bei der ersten Festivalausgabe 2010 dabei, da kannte uns noch keiner. Mittlerweile bekomme ich jedes Jahr zehntausende Bewerbungen von Künstlerinnen und Künstlern, die bei uns auftreten möchten. Das BuJazzO war schon öfter da, das gleiche gilt für Marilyn Mazur, Iiro Rantala, Julia Hülsmann oder Thomas Quasthoff. Diese Einladungen lagen mir am Herzen. Zu einem solchen Jubiläum gehört nicht nur der Ausblick, sondern auch der Rückblick voller Dank.

Jazzfest Bonn

19. April bis 1. Mai & 15. Juni
Informationen und Tickets:
www.jazzfest-bonn.de

Josef Engels, 23.03.2024, Online-Artikel



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