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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Auf dem Gebiet der französischen Tragödie besaßen im 17. Jahrhundert ihre Apologeten Corneille und Racine quasi das Exklusivrecht. Kein Wunder, dass nicht allein die Anhänger dieser so stocksteifen wie staubtrocken geratenen Bühnenkunst auf die Barrikaden gingen, als plötzlich ein Komponist und Librettist es wagten, die Tragödie musikalisch zu erneuern. Auch Racine muss gewettert haben, als das Erfolgspaar Jean-Baptiste Lully und Philippe Quinault ihre erste große von insgesamt 13 „Tragédies en musique“ auf die Bretter unter anderem der Pariser Académie Royale de Musique brachten. 1674 wurde dort Lullys Fünfakter um die Prinzessin Alceste gegeben, die nach den üblichen Irrungen und Wirrungen in den griechischen Götter- und Mythenwelten aus der Unterwelt befreit werden und ihrem versprochenen Verlobten Admetus glücklich in die Arme fallen kann. Warum gerade Lullys Brötchengeber Louis XIV. von dieser auch manchmal durchaus komödiantisch angelegten Tragödie so angetan war, liegt auf der Hand. Denn der Sonnenkönig selbst wurde hier in der Rolle des gutherzigen, edlen Alcide gefeiert.
Im Rahmen seiner schon lange auf Hochtouren laufenden und im Grunde mit jeder Produktion immer besser werdenden Gesamtaufnahme aller Lully-Opern ist der Franzose Christophe Rousset also jetzt bei der Rarität „Alceste“ angelangt. Über dreißig Jahre ist es schon her, dass Roussets Kollege Jean-Claude Malgoire die Oper weltersteingespielt hat. Aufnahmetechnisch war dieser Live-Mitschnitt nur etwas für Hardcore-Fans der französischen Barockoper. Bei Rousset fühlt man sich hingegen sofort eingeladen, dieser wertvollen Klangrhetorik mit all den zeitlos schönen Arien und Chören zu folgen und zu lauschen. Zumal das von Judith Van Wanroij (Alceste), Edwin Crossley-Mercer (Alcide) und Emiliano Gonzalez Toro (Admetus) angeführte Sängerteam von elysischem Leuchten bis zum magisch dunklen Flehen keinerlei Wünsche offenlässt. Wahrscheinlich also war Racine seinerzeit einfach nur neidisch auf Lully & Quinault – da diese der Tragödie wahres, echtes Leben eingehaucht haben.

Guido Fischer, 11.08.2018


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