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N° 1354
20.04. - 01.05.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Heinrich Albert, Heinrich Schütz, Johann Bach u. a.

Heinrich Albert’s Pumpkin Hut

Dorothee Mields, Hathor Consort, Romina Lischka

Ramée/Note 1 RAM1913
(76 Min., 11/2019)

Dorothee Mields ist die einzige unmittelbar sprachbegabte Stimme im ansonsten rein instrumentalen Ensemble dieses Albums. Wer das Repertoire teilweise kennt, mag sich bei einigen Nummern darüber wundern: Johann Bachs „Unser Leben ist ein Schatten“ ist eigentlich eine neunstimmige Motette, Heinrich Schützʼ „Es steh Gott auf“ und „Verleih uns Frieden“ sind eigentlich Concerti für zwei Singstimmen plus obligate Instrumente und Continuo. Aber freilich: Im Frühbarock wurden Besetzungen in der Regel nicht allzu eng festgelegt. Der Originaldruck von Heinrich Alberts „Musikalischer Kürbis-Hütte“, die titelgebend für das Album ist, zeigt zwei untextierte Diskantstimmen. Das Text-Incipit findet sich am Beginn jedes der hübschen kleinen Lieder zwischen diesen Diskantstimmen, der komplette Text hingegen steht als Block unter jedem Lied. Wie der Text unterlegt wird und wer ihn singt, überlässt der Komponist offenbar den Ausführenden. Warum also nicht bei anderen Werken auch so verfahren – zumal, wenn eine so unvergleichlich textaffine Sängerin wie Dorothee Mields zur Besetzung zählt? Die genannten Schütz-Motetten jedenfalls füllt sie sprachlich auch allein mit Bedeutung, und der Zink (großartig: Lambert Colson), der ihr als Duettpartner zur Seite steht, partizipiert ja via gleicher Motivik an der rhetorischen Ebene. So ist es die Idee der barocken Musik. Freilich gibt es auch Dinge, die wiederum sängerisch nicht machbar sind: Die faszinierende Virtuosität des Zink beim Diminuieren kommt unter anderem in Instrumentalwerken von Samuel Scheidt vortrefflich zur Geltung. Programmatisch wird, bezogen auf Heinrich Alberts historisch belegte, als Gelehrten-Treffpunkt fungierende Kürbis-Hütte (eine Hütte, an der sich die Kürbis-Pflanzen eines sie umgebenden Gartens heraufranken konnten), auf geschickte und differenzierte Weise der Dreißigjähre Krieg fokussiert, begleitet von einem ausführlichen und kompetenten Beihefttext. Und in diesem Sinne beeindrucken besonders die direkt auf diese gräuliche Zeit bezugnehmenden Kompositionen: Das Leid und die Verzweiflung, die etwa aus Johann Hildebrands „Kriegs-Angst-Seufftzer“ sprechen, treffen wirklich ins Mark – vor allem in einer Interpretation wie dieser, die so plastisch ist, dass man meint, Dorothee Mields stünde neben einem und sänge.

Michael Wersin, 19.06.2021


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